Das Jahr 1884 überragt in der Bedeutnug seiner Ereignisse
für die Gesamtverhällnisse der europäischen Staaten nach innen und
nach außen sehr wesentlich seine unmittelbaren Vorgänger.
Der machtvolle Eintritt des geeinigten deutschen Reiches in Teutsch-
das europäische Staatensystem und die nachgerade unbestrittene Stel= lands
lung seines großen Reichskanglers an der Spitze der europäischen bäeb
Diplomatie ziehen nach und nach unerbittlich ihre Konsequenzen
trotz alles kleinlichen Widerspruchs und alles oft nur schlecht ver-
haltenen Neides. Die Schwerkraft Deutschlands wächst von Jahr
zu Jahr zusehends nach innen wie nach außen. Europa bedarf zur
Bewältigung der großen Kulturaufgaben, mit denen es beschäftigt
ist, des Friedens und zwar eines möglichst gesicherten Friedens, ob-
gleich es zu gleicher Zeit förmlich in Waffen starrt, und Deutsch-
land, der z. Z. waffenmächtigste aller seiner Staaten, hat sich zum
Hort dieses Friedens gemacht und zwar bis jetzt wenigstens mit
vollkommenem Erfolge und doch ohne irgend einen derselben in der
freiesten Verfolgung seiner berechtigten Interessen irgendwie hindern
zu wollen. Völlig gesichert ist der allgemeine Friede freilich doch
nicht und kann es unter den obwaltenden Verhältnissen auch nicht
sein, obgleich es dem deutschen Reichskangler bisher gelungen ist,
in jedem entscheidenden Moment die Mehrzahl der Mächte hinter
sich zu haben, weil er dabei jederzeit mit den Interessen des deut-
schen Reichs zugleich diejenigen aller anderen mit vertrat, weil er an
der Spitze Deutschlands zwar unzweifelhaft eine Art Vorherrschaft in
Europa ausübt, aber doch nur als primus inter Dares und in ganz
anderer Weise, als es Frankreich seit der großen Revolution versucht
hat, ohne doch seinen Anspruch auf die Dauer behaupten zu können.
Darin liegt in der That wesentlich das Geheimnis der ganz ein-
zigen Stellung, die er zur Zeit in Europa einnimmt und des Ver-
trauens, das alle Mächte seiner offenen und loyalen Politik schenken,