110 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Ende Juni—Anf. Juli.)
montane bayerische Blätter fahren fort, die Interessen des Herzogs zu
vertreten.
Ende Juni. (Paderborner Studienerlaß.) Der Studien-
erlaß des Generalvikariats von Paderborn vom 17. Februar (s. o.) wird
von der „Köln. Volksztg.“ veröffentlicht und von der ultramontanen
Presse heftig angegriffen. Das Generalvikariat erläßt zur Recht-
fertigung die folgende „Erklärung“:
„Paderborn, 1. Juli 1885. Die unter dem 17. Februar cr. von
uns getroffenen Bestimmungen über das Studium der Theologie sind Gegen-
stand der öffentlichen Diskussion in einer Weise geworden, die uns veranlassen
muß, die Sache, wie hiedurch geschieht, klarzustellen. Der Erlaß vom 17. Fe-
bruar cr. ist nach seinem Inhalte, wie nach der Form, in welcher derselbe
— mit Umgehung der Publikation im amtlichen Kirchenblatte — zur Kennt-
nis der betreffenden Herren Geistlichen gebracht ist, ein vertrauliches Schreiben.
Dasselbe enthält eine lediglich für die Geistlichen bestimmte Anweisung, wie
die Theologie-Studierenden über den Gang und die Ausdehnung ihrer Stu-
dien mit Rücksicht auf die spätere Verwendung in der Diböcese zu belehren
sind. Eine allgemein bindende gesetzliche Diöcesan-Vorschrift soll in dem Er-
lasse nicht gegeben sein. Außerdem bezeichnet sich die Verfügung ausdrücklich
als eine provisorische, die mit Wiedereröffnung der hiesigen philosophisch-theo-
logischen Lehranstalt von selbst außer Geltung tritt. Einer solchen proviso-
rischen Maßregel glaubten wir nicht entbehren zu können. Mit dem Ein-
tritte in das Priesterseminar erhalten die Theologie-Studierenden der Diöcese
Paderborn den stiftungsmäßigen Anspruch, auf Kosten des hiesigen Klerikal-
seminars unterhalten und später unter Übernahme auf den Seminartitel
geweiht zu werden. Die Stellung des Seminartischtitels schließt aber die
weitere Verpflichtung ein, dem so geweihten Geistlichen eventuell bis zu seiner
Anstellung standesmäßigen Unterhalt zu gewähren. Nach Lage der jetzt gel-
tenden Gesetzgebung können in Preußen Geistliche, welche die in unserem
Erlasse aufgestellten Forderungen nicht erfüllt haben, eine Anstellung in
einem öffentlichen Amte nicht erhalten. Dieselben fielen also, wenn sie unter
Übernahme auf den Seminartitel geweiht wären, rücksichtlich ihres Unter-
haltes eventuell dem Seminarfonds zur Last. Wir glauben demnach nur
pflichtgemäß zu handeln, wenn wir die Theologie-Studierenden darauf hin-
weisen lassen, daß sie in den Genuß der von dem hiesigen Klerikal-Seminar
zu gewährenden Wohlthaten nur eintreten können, sofern sie die Aussicht
bieten, in der Diöcese in der Seelsorge verwendet zu werden. Darüber hinaus
hat unser Erlaß nichts bestimmen wollen. Am allerwenigsten haben wir das
Studium der künftigen Priester in dem Rahmen der maigesetzlich umschrie-
benen Forderungen einengen wollen. Soweit der Wortlaut unseres Erlasses
zu der Deutung Veranlassung geben könnte, als hätten wir staatlicherseits
erlassene Vorschriften über die Vorbildung des Klerus im Gegensatze zu den
kirchlichen Verordnungen anerkannt, müssen wir diese Deutung als eine un-
seren Intentionen durchaus widersprechende bezeichnen. Wir wissen uns in
der vollen Unterwerfung unter die kirchlichen Bestimmungen und in der
treuen Hingabe an den Apostolischen Stuhl Eins mit dem gesamten Epis-
kopate. Das bischöfliche Generalvikariat.“
Daneben sollen nach ultramontanen Blättern die Pfarrer der Diöcese
noch einen besonderen Erlaß erhalten haben, in welchem die Verfügung vom
17. Februar zurückgezogen wird.
Anfang Juli. (Zanzibar.) Der Generalkonsul in Zanzibar