Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Erster Jahrgang. 1885. (26)

2 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 6.) 
fortwährenden Gedeihens. Ich finde Mich dadurch in der Überzeugung be- 
festigt, daß mit den von Mir und Meiner Regierung zur Hebung der Volks- 
wohlfahrt für nötig erachteten Reformen die richtigen Wege eingeschlagen 
worden sind. und daß sie sich in gesteigertem Maße Verständnis und Aner- 
kennung in der Bevölkerung errungen haben. Um so mehr werde Ich be- 
stärkt, das begonnene Werk, dessen Vollendung zur Verbesserung des Loses 
der arbeitenden Klassen Mir ernstlich am Herzen liegt, in ruhiger, beson- 
nener Ausbildung fortzuführen. Die unter des Reiches Schutz gestellten An- 
siedelungen in fernem Weltteile verheißen deutschem Geiste und deutscher 
Kraft erhöhten Antrieb zu regsamer Thätigkeit und werden dadurch auf 
Handel und Industrie zuversichtlich eine wohlthätig fördernde Wirkung 
üben.“ 
6. Januar. (Santa-Lucia-Bai.) Uber die angebliche Er- 
werbung der Santa-Lucia-Bai durch Lüderitz schreibt die „Nordd. 
Allg. Ztg.“: 
„Die Nachrichten über die Lüderitz'schen Erwerbungen an der Santa- 
Lucia-Bai entbehren bisher jeder Bestätigung durch amtliche Berichte. Zur 
Giltigkeit einer solchen Erwerbung und zur Übertragung der Hoheitsrechte 
würde ein Vertrag mit den eingebornen Häuptlingen nicht genügen; ein 
solcher würde der Zustimmung der Boeren-Republik bedürfen, welche das 
Protektorat über das Zululand ausübt. Außerdem wäre das Verhältnis 
des letzteren zu England in Rechnung zu ziehen, welches sich das Bestätigungs- 
recht für die von der Republik abzuschließenden Verträge vorbehalten hat.“ 
Die englische Presse protestiert gegen die Auffassung, daß Zululand 
unter dem Protektorate der Boeren-Republik stehe. (Vgl. 21. Juni 1885.) 
6. Januar. (Ägypten.) Der Reichskanzler fragt bei den 
Kabinetten in London, Paris, Rom und Wien an, ob sie den An- 
spruch Deutschlands und Rußlands in der ägyptischen Schulden- 
kommission einen Vertreter zu haben anerkennen. 
In dem Zirkular heißt es: „Zur Zeit, als die Schuldenkommission 
ins Leben trat (1876), glaubten wir die Teilnahme an und unsere Ver- 
tretung in derselben den meist beteiligten Mächten überlassen zu können. 
Wir nahmen damals an, daß jede der vier in der Kommission vertretenen 
Mächte sich die Wahrnehmung der Rechte auch der unvertretenen angelegen 
sein lassen werde. Der finanzielle Eingriff vom 18. September v. J. hat 
aber nicht bei allen bisherigen Mitgliedern den Widerspruch gefunden, auf 
den wir rechnen durften. Da die Möglichkeit ähnlicher Vorgänge nicht aus- 
geschlossen ist, müssen wir erhöhten Wert darauf legen, in einer Kommission, 
welcher wichtige Kontrollbefugnisse über die Finanzverwaltung Ägyptens 
zustehen, und in welcher alle Mächte, mit Ausnahme von uns und Rußland, 
eine Stimme haben, unsere auf internationalen Abmachungen beruhenden 
Rechte selbst zu vertreten. Die Verträge, welche die Staats- und Rechts- 
verhältnisse im Orient ordnen, bilden ein solidarisches Ganzes. Wenn der 
Bruch eines derselben stillschweigend zugelassen wird, so kann daraus jede 
Macht in Zukunft die Berechtigung ableiten, auch ihrerseits von den Ver- 
trägen nach eigenem Bedürfnis abzuweichen. Wir legen deshalb nach einmal 
erfolgter Verletzung eines Teiles dieser Verträge Wert darauf, die Beobachtung 
derselben direkt zu überwachen. Die Haltung des Khedive und seiner Räte 
ist unserem berechtigten Anspruch gegenüber eine ausweichende, unter dem 
Vorwande, des Einverständnisses der Vertragsmächte zu bedürfen. Wir
	        
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