Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Erster Jahrgang. 1885. (26)

128 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Septbr. 18.) 
erhoben wäre. Die ministerielle Presse in Spanien behauptet, daß der eng- 
lische Gesandte den Ministerpräsidenten mißverstanden habe; derselbe habe 
nur gesagt, Spanien habe seine Souveränität thatsächlich nicht ausgeübt. 
In der Antwort an die englische Regierung heißt es: „Die Unter- 
redung des englischen Geschäftsträgers mit dem Ministerpräsidenten, dessen 
Amtsthätigkeit damals die auswärtigen Angelegenheiten nicht zufielen, war 
nur eine Privatunterhaltung ohne die geringste diplomatische Bedeutung.“ 
18. September. (Karolinen-Inseln.) Eine Berliner Kor- 
respondenz der „Köln. Ztg.“ bringt die Meldung, daß Deutschland 
bereit sein würde, den Streit mit Spanien einem Schiedsspruch des 
Papstes zu unterbreiten. 
Die Korrespondenz lautet: „Der Hamburger Korrespondent läßt sich 
in der deutsch-spanischen Angelegenheit melden, daß von klerikaler Seite und 
namentlich von den Jesuiten zum Kriege gegen das protestantische Deutsch- 
land besonders gehetzt werde und daß sich diese, in Gemeinschaft mit den 
spanischen Republikanern geübten Hetzereien auch in dem spanischen Minister- 
rate in ihren Wirkungen äußern. So soll nach einer Meldung des römischen 
Diritto in dem Ministerrate die Frage des Schiedsgerichts, zu welchem der 
König geneigt sei, Widerstand gefunden haben. Der Unterrichtsminister Pidal, 
welcher bekanntlich zur ultramontanen Partei gehört, erklärte in dem letzten 
Ministerrate, daß seine Partei, die katholische, nur zu einem Schiedsgericht 
des Pontifex Maximus ihre Zustimmung geben würde. Der König soll 
darauf entgegnet haben, daß der deutsche protestantische Kaiser Wilhelm sich 
einem solchen Schiedsgericht niemals unterwerfen werde. Diese Auffassung 
ist durchaus unzutreffend und beweist, wie wenig man in Spanien die An- 
schauungen und Verhältnisse in Deutschland kennt. Wir haben eine zu große 
Hochachtung vor der Person Sr. Heiligkeit und ein zu großes Vertrauen in 
seine Unparteilichkeit, als daß wir ihn als Schiedsrichter ablehnen sollten. 
Es hat den Anschein, als ob die Parteien in Spanien solche Auffassung nicht 
hätten, und daß man in Spanien ein geringeres Zutrauen zu dem Papste 
habe, als in Deutschland.“ 
Die ultramontane Presse ist dem Projekt sehr wenig geneigt. „Zum 
Besten des Papsttums an sich“, schreibt die „Germania“, „thut Fürst Bis- 
marck sicher nichts, und nicht umsonst haben wir gleich in unseren beiden 
ersten Besprechungen der Vermittelungsfrage nicht bloß von der großen und 
wichtigen, sondern auch von der delikaten und schwierigen, und vielleicht so- 
gar — dornigen Aufgabe gesprochen, welche dem hl. Vater im Vermittler- 
amte werden würde!“ In der liberalen Presse begegnet die Nachricht zu- 
nächst allgemeinem Unglauben. 
18. September. (Braunschweig.) Die „Weser Ztg.“ ver- 
öffentlicht den in der Sitzung der Landesversammlung vom 30. Juni 
vom Staatsminister Graf Görtz-Wrisberg erwähnten Brief des 
Herzogs von Cumberland an die Königin von England am 18. Sep- 
tember 1878. 
In dem Briefe heißt es: „Das Notifikationsschreiben (vom 11. Juli 
1878) hatte lediglich den Zweck, dem für solche Fälle in allen fürstlichen 
Häusern beachteten Herkommen entsprechend das für mich so betrübende Ab- 
leben meines Vaters und die dadurch für mich und mein Haus sich von selbst 
ergebende Rechtsstellung anzuzeigen. Die Darlegung dieser Rechtsstellung aber 
schien in diesem Falle um so mehr geboten, als die öffentliche Erklärung 
 
	        
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