Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Erster Jahrgang. 1885. (26)

Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Oktbr. 17.— 21.) 139 
das Kanonenboot „Nautilus“ unter deutsches Protektorat gestellt. 
Die Nachricht wird in Deutschland am Anfang Dezember bekannt. 
17. Oktober. (Polenfrage.) Verhandlungen im österreichischen 
Abgeordnetenhause über die Ausweisungen österreichischer Unterthanen 
aus Preußen. (Vgl. Österreich-Ungarn.) 
20./21. Oktober. Bayern: Beratung des Militäretats in 
der Abgeordnetenkammer. 
Die Kammer nimmt in namentlicher Abstimmung den Militäretat 
einstimmig an. Der Kriegsminister von Heinleth teilt mit, daß von den 
3300 nachträglich in Deutschland bewilligten Kriegspensionen 1060 auf 
Bayern entfallen. 
Am 21. nimmt die Kammer den Antrag Gabler, den Militärdienst 
der Theologen auf 6 Wochen zu beschränken, mit 86 gegen 54 Stimmen an, 
obgleich der Minister von Feilitzsch erklärt, daß die Angelegenheit zur 
Kompetenz des Reiches gehöre. 
21. Oktober. (Braunschweig.) Die Landesversammlung 
wählt einstimmig den Prinzen Albrecht von Preußen zum Regenten. 
In der Sitzung vom 20. Oktober berichtet zunächst die staatsrechtliche 
Kommission über die seit dem Beschluß der Landesversammlung vom 30. Juni 
zwischen dem Regentschaftsrat und dem Herzog von Cumberland gewechselte 
Korrespondenz. Der Bericht verwahrt hauptsächlich die Landesversammlung 
gegen den Vorwurf, daß sie oder der Regentschaftsrat sich eines Eingriffs in 
die Regierungsrechte des berechtigten Regierungsnachfolgers schuldig gemacht 
habe. Die Kommission empfiehlt der Landesversammlung, sich dahin aus- 
zusprechen, 1. daß sie, indem sie in Übereinstimmung mit dem Bundesrats- 
beschlusse vom 2. Juli die Ausübung des auf dem agnatischen Erbrechte 
und der Bestimmung der gegenwärtig geltenden Verfassung beruhenden 
Regierungsrechts Sr. Königl. Hoheit des Herzogs von Cumberland aus- 
geschlossen sieht, durch die von ihm selbst eingenommenen und noch gegen- 
wärtig aufrecht erhaltene Stellung bezüglich Geltendmachung von Rechten 
auf die preußische Provinz Hannover, sich verwahrt gegen die in dem 
Schreiben des Herzogs von Cumberland vom 22. September ausgesprochene 
Beschuldigung, ihrerseits durch ihre Mitwirkung bei der Regierung des 
Landes durch den Regentschaftsrat an einer thatsächlichen Beeinträchtigung 
der Herzoglichen Rechte Teil genommen zu haben, 2. daß sie reichs- oder 
landesverfassungsmäßige Mittel nicht zu ihrer Verfügung sieht, ihrerseits die 
von Sr. Königl. Hoheit dem Herzog von Cumberland selbst geschaffene 
Lage zu beseitigen. 
Der Antrag der Kommission wird mit allen gegen 2 Stimmen an- 
genommen. 
Hierauf legt der Staatsminister Graf Görtz-Wrisberg ein Schreiben 
des Regentschaftsrates vor, in welchem ausgeführt wird, daß nach § 6 
des Regentschaftsgesetzes vom 16. Februar 1879 die Landesversammlung 
nunmehr einen Regenten auf Vorschlag des Regentschaftsrates aus den voll- 
jährigen Prinzen der zum deutschen Reich gehörenden souveränen Fürsten- 
häuser zu wählen habe. „In Befolgung dieser Vorschrift“ schließt das 
Schreiben, „unterläßt der Regentschaftsrat daher nicht, der Landes- 
versammlung Se. Königl. Hoheit den Prinzen Albrecht von Preußen zum 
Regenten des Herzogtums in Vorschlag zu bringen. Es kann keinem Zweifel 
unterliegen, daß Sie sich hierdurch in die Lage versetzt finden, einen Beschluß 
 
	        
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