176 Jgie Gesterreich-Angarische Monarchie. (Febr. 27.—März 2.)
reich-Ungarns in gleicher Weise wie die Deutschlands durch die überseeische
und russische Konkurrenz schwer geschädigt wird, in weiterer Erwägung, daß
zwischen diesen beiden Staaten ein Zollkrieg mit den nachteiligsten Folgen
sowohl in volkswirtschaftlicher als auch in politischer Beziehung ausbrechen
müßte, falls in dieser Angelegenheit einseitig vorgegangen wird, wie es gegen-
wärtig von seiten Deutschlands beabsichtigt zu sein scheint, stellen die Unter-
zeichneten den Antrag, das hohe Haus wolle beschließen: „Die k. k. Regie-
rung wird aufgefordert, dahin zu wirken, daß zwischen Osterreich-Ungarn
und Deutschland in Bezug auf die Einführung von Schutzmaßregeln gegen
die überseeische und russische Konkurrenz in Bodenprodukten eine Einigung
erzielt und in gemeinsamer Weise vorgegangen werde. Dieser An-
trag wolle dem volkswirtschaftlichen Ausschusse zugewiesen werden.“
Abg. Richter stützt sich zur Begründung seines Antrages im wesent-
lichen auf dieselben Argumente, mit welchen die Getreidezoll-Erhöhung seitens
der Regierung in Deutschland befürwortet wird.
27. Februar. (OÖsterreich: Budget.) Abg.-Haus: beginnt
die General-Debatte über das Budget.
Auf die Erklärung des Abg. Kathrein, die Deutsch-Klerikalen würden
auch fernerhin an der Seite ihrer flovenischen Brüder für wahre Freiheit
und wahres Recht kämpfen, erwidert der Abg. Schönerer, er wolle auf diese
undeutsche Rede eines Deutschen eine kerndeutsche Rede halten. Redner ent-
wickelt darauf sein deutsch-nationales Programm: Ausscheidung Galiziens
und der Bukowina aus Cisleithanien, Rückgabe Dalmatiens an die Krone
Ungarn, staatsrechtliche, politische und wirtschaftliche Allianz Deutsch-Oster-
reichs mit dem deutschen Reiche.
27. Februar. (Ungarn: Oberhausreform.) Abg.-Haus:
spricht sich mit 214 gegen 43 Stimmen für die Vertretung der
jüdischen Religion im Oberhause aus, und zwar durch ein von der
Krone zu ernennendes Mitglied. 195 Abg. fehlen bei der Ab-
stimmung.
2. März. (Osterreich: Stellung des Ministeriums.)
Der Finanzminister von Dunajewski gibt bei der Budgetdebatte
Erklärungen über die Stellung des Ministeriums zu den Regier-
ungsparteien und der Opposition ab.
Der Finanzminister führt im wesentlichen aus, daß Österreich kein
parlamentarisch regierter Staat sei, daß die Regierung ihre Wurzel nicht im
Parlamente, sondern in der Berufung durch die Krone habe. Die Regierung
sei mit der vorhandenen Majorität des Parlaments sehr zufrieden, sie sehe,
gestützt auf das allerhöchste Vertrauen und die Majorität des Parlaments,
mit Beruhigung der Zukunft entgegen und hege die Zuversicht, daß die Neu-
wahlen eine kräftige Majorität für das gegenwärtige System ergeben werden.
Der Linken gegenüber betont der Finanzminister, die derzeitige Regierung
babeT den Beweis geliefert, daß man in Osterreich auch ohne die Linke regie-
ren könne.
Namens der Linken erwidert der Abg. Herbst, daß nach den Er-
klärungen Dunajewski's das Kabinet Taaffe den Charakter eines Ministeriums
„über den Parteien“ wohl nicht mehr beanspruchen werde. Die Linke sei
sich dessen wohl bewußt, daß nicht ohne, sondern gegen sie regiert werde, und
die Deutschen in Böhmen fühlten dieß mit jedem Tage mehr.