Die Gekeerreichisch= Augerisce Munarhie. (April 21.) 187
tischen Interesse einer Heranziehung weiterer Kreise zum aktiven öffentlichen
Leben den Grundsatz der Herabsetzung des Zenfus auf eine direkte Steuer-
leistung von fünf Gulden an, wollten ihnen sogar ausdehnen und außer
Zweifel setzen durch die Einbeziehung der Zuschläge, und für die Landge-
meinden beantragten wir sogar eine noch weitergehende Herabsetzung. Hätte
sich die Rechte auf diesen volkstümlichen Teil der Wahlreform beschränkt,
so wären unsere Stimmen auch in dritter Lesung für die Reform gewesen,
aber die erzwungene Verquickung mit dem Privilegium der böhmischen Fidei-
kommiß-Besitzer, das auch noch schwere verfassungsrechtliche Bedenken hervor-
rief, hinderte uns im letzten Stadium, der ganzen Maßregel zuzustimmen.
Nachdem einmal das Prinzip der Erteilung des Wahlrechtes an die soge-
nannten Fünfgulden-Männer angenommen war, so war es gerade unsere
Partei in mehreren Landtagen, welche diesen erniedrigten Zensus auch für
die Landtagswahlen beantragte und zur Geltung brachte. Die nächste Ent-
wicklung der Wahlreform wird die Einführung des direkten Wahl-
rechtes in den Landgemeinden sein, welche wir als eine gerechte For-
derung der bäuerlichen Bevölkerung anerkennen und welche wesentlich zur
politischen Selbständigkeit der deutschen Bauern in den Alpenländern führen
und darum unsere nachdrückliche Förderung finden wird. — —
Mit allem Nachdrucke traten wir für die Aufhebung der sogenannten
böhmischen Sprachenverordnung ein, die gegen Herkommen und Bedürfnis
die czechische Sprache dem geschlossenen deutschen Sprachgebiete Böhmens auf-
zwang und zugleich mit einem staatlichen Charakter ausstatten wollte. Aber
nicht bloß die Aufhebung dieses Zwanges verlangten wir, wir erhoben die
Forderung nach einer gesetzlichen Regelung der Sprachenfrage überhaupt,
und voran einem solchen Werke der Ordnung stellten wir die Forderung
der deutschen Staatssprache. Es ist ganz ungerechtfertigt, uns vorzu-
werfen, daß wir diese Forderung in früheren Jahren, als wir die Mehrheit
hatten, nicht schon erhoben haben; damals war die Stellung der deutschen
Sprache unangefochten, während jetzt ihre Geltung als Staatssprache von
allen Seiten angegriffen wird. Wir wollten bei unserm Antrage nur den
bisherigen Besitzstand sichern; die Ausnahmen, welche in früherer Zeit durch
die geschichtliche und administrative Entwicklung eingetreten waren, wollten
wir unangetastet lassen.
Aber an der grundsätzlichen Forderung der deutschen Staatssprache
halten wir auch in Zukunft fest. Wir erheben diese Forderung im Interesse
des Staates selbst und kraft der geschichtlich begründeten Stellung der Deut-
schen in Osterreich. Soll dieser Staat als ganzes fortexistieren, soll er nicht
in einzelne Gruppen zerfallen und der Zersetzung preisgegeben werden, soll
die Armee nicht desorganisiert werden, so muß die deutsche Sprache als ver-
bindendes Element der Administration und als Erfordernis für den öffent-
lichen Dienst gegen alle weiteren Angriffe sichergestellt werden. Aber auch
die Deutschen haben ihrerseits das Recht auf diese Forderung in Osterreich,
einem Staate, den sie gegründet und dem sie seinen Charakter gegeben haben.
Die ganze Bildung dieses Staates ist deutsch, und fast alle österreichischen
Slaven haben ihre Kultur nur durch deutsche Bildung erhalten. Wir wollen
damit nicht eine unberechtigte Suprematie des deutschen Stammes gegenüber
allen übrigen Völkern; allein eine Ordnung der Dinge ist mit der vagen
Formel der Gleichberechtigung der landesüblichen Sprachen ohne Festhaltung
der deutschen Staatssprache nicht herzustellen, sowie ja auch der vielberufene
Artikel 19 des Staatsgrundgesetzes über die Gleichberechtigung der landesüb-
lichen Sprachen sich auf die deutsche Staatssprache niemals bezogen hat.
Wenn der Nationalitätenkampf einmal aufhören soll, so müssen die Nicht-
deutschen diese berechtigte Stellung der deutschen Sprache anerkennen und es
Europ. Geschichtskalender. Bd. XXVI. 13