Die Gesterreichis-Augarische Monarchie. (Mitte Juli — 30.) 211
lienische, 306 serbo-kroatische, 53 rumänische, 3 magyarische und 492 ge-
mischte Schulen. Die Zunahme der Schulen gegen 1882 betrug 151, dar-
unter bei den deutschen 23, den czechischen 56, den polnischen 48.
Mitte Juli. (Zoll-Union mit Deutschland.) Im An-
schluß an die Ausgleichs-Konferenzen wird das Projekt einer deutsch-
österreichischen Zoll-Union in der österreichischen und ungarischen
Presse wiederum vielfach erörtert.
Nach dem „Pester Lloyd“ soll die ungarische Regierung den folgenden
pofitiven Vorschlag gemacht haben:
Der Plan der ungarischen Regierung geht dahin, daß Deutschland
und Osterreich-Ungarn ihre Zollsätze untereinander feststellen, während sie den
fremden Staaten gegenüber zu ihren eigenen Gunsten eine differentielle Be-
handlung in Anwendung brächten. Jeder Staat würde die auf seinem Ge-
biete einzuhebenden Zollsätze autonom fixieren, diese Zollsätze autonom er-
höhen oder herabsetzen; beide Teile würden sich aber gegenüber den Prove-
nienzen aus anderen Staaten gegenseitig positive Vorteile zusichern, respektive
für solche Provenienzen höhere Sätze vereinbaren, die ohne gegenseitige Zu-
stimmung nicht geändert werden können. Dabei sollen nicht sämtliche Artikel
des Warenverkehrs gebunden werden, sondern indifferente Artikel, wie Kaffee,
Reis, Kolonialwaren, Südfrüchte, würden vollständig außerhalb des Rahmens
dieser Vereinbarung bleiben können. Für die gebundenen Artikel, die in
dem Vorschlage der ungarischen Regierung allesamt aufgezählt sind, würden
die beiden großen Zollgebiete den übrigen Staaten gegenüber während der
vollen Dauer des Verhältnisses ein ganzes bilden; Verträge mit fremden
Staaten könnten die Teilhaber nur in gegenseitigem Einverständnisse schlie-
ßen, und solche Verträge würden wieder nur den Inhalt haben, daß sich der
betreffende Staat in den Rahmen des neugeschaffenen Verhältnisses einfüge.
Würden etwa die Schweiz oder Italien der Vereinbarung beitreten wollen,
so müßten dieselben einwilligen, allen übrigen Staaten gegenüber die gleiche
differentielle Behandlung eintreten zu lassen, wie sie bis dahin von Deutsch-
land und Österreich-Ungarn gemeinsam geübt wurde.
Mitte Juli. (Österreich.) In Wien wird ein „czechischer
Verein“ gegründet
mit dem Programm, die Errichtung czechischer Volksbibliotheken und
Schulen in sämtlichen Stadtbezirken und die Erhebung der czechischen Sprache
zur zweiten Landessprache Niederösterreichs zu proklamieren. Auch setzt sich
der Verein das Ziel, die Wiener Czechen als Faktor bei den Gemeinde-,
Landtags= und Reichsratswahlen ins Treffen zu führen.
Die behördliche Genehmigung der Statuten wird erst erteilt, nachdem
der Verein von dem Versuch, mit den Wiener Behörden in czechischer Sprache
zu verhandeln, Abstand genommen hat.
30. Juli. (Böhmen: Bankfrage.) Die Prager Handels-
kammer nimmt die folgenden Anträge betr. die Prager Filiale der
Reichsbank gegen die Stimmen der deutschen Mitglieder an:
Die Regierung möge die Zuweisung eines Minimalbetrages von
50 Millionen an das Bankfilialnetz in Böhmen und die Umwandlung der
Prager Filiale in eine Hauptfiliale erwirken, die von einer eigenen aus
einem Vorsitzenden und acht in Böhmen wohnhaften Mitgliedern bestehenden
Direktion geleitet werde, wovon den Vorsitzenden und zwei Mitglieder die