Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Erster Jahrgang. 1885. (26)

250 Großbritannien. (März 13.) 
haus: Gladstone teilt mit, daß die Verhandlungen mit Deutschland 
über die Abgrenzung der beiderseitigen Protektoratsgrenzen in Neu- 
Guinea in befriedigender Weise begonnen hätten. 
Uber seine Stellung zur deutschen Kolonialpolitik spricht er sich fol- 
gendermaßen aus: Er bedauere, daß die Depesche des Reichskanzlers Fürst 
Bismarck vom 5. Mai v. J. der Regierung nicht mitgeteilt worden sei. 
(Vgl. Deutsches Reich I. 24., II. 7.) Sie hätte jedenfalls die freundschaft- 
liche Aufmerksamkeit gefunden, die sie verdiene. Was Deutschland betreffe, 
so wünsche er (Gladstone) in seiner Zuneigung für dieses Land hinter Nie- 
manden zurückzustehen; er könne sich aber der Behauptung Onslow's nicht 
anschließen, daß es eitles Bemühen für England wäre, seine Stellung in 
Europa und den übrigen Teilen der Welt ohne Deutschlands Freundschaft 
zu behaupten. Er sei nicht bereit zu sagen, daß die Freundschaft irgend 
eines Landes für England nötig sei oder nötig gewesen sei (Beifall); aber 
abgesehen davon, wolle er erklären, daß er hinter keinem in der Wertschätz- 
ung dieser Freundschaft zurückstehe. (Beifall.) Er glaube, ein Schriftwechsel 
über die Kolonisationspläne Deutschlands würde nie stattgefunden haben, 
wenn Fürst Bismarck nicht wirklich geglaubt hätte, daß seine Depesche vom 
5. Mai v. J. der englischen Regierung mitgeteilt worden sei. Was die 
Kolonisierungsprojekte Deutschlands angehe, so gäbe es nur zwei Beschrän- 
kungen, welche die Regierung denselben auferlegt zu sehen wünsche, erstens 
nämlich, daß Deutschland dem Völkerrecht insoweit entspreche, daß seine Ko- 
lonisierungen nicht einen nominellen und illusorischen Charakter hätten, son- 
dern bona fide erfolgen, und zweitens, daß Deutschland den Gesetzen der 
Gerechtigkeit und Menschlichkeit entspreche und die Kolonisierung mit der ge- 
hörigen Rücksicht auf die Rechte und Interessen der Eingeborenen geleitet 
werde. Ferner sei England verpflichtet, darauf zu sehen, daß vernünftigen 
Forderungen seiner Kolonien billige Gerechtigkeit gewährt werde. Deutsch- 
land habe zu prüfen, bis zu welchem Grade es sein Interesse sei, eine kolo- 
nisierende Macht zu werden. Was England angehe, so dürfte es Deutsch- 
land hierbei nicht mit scheelem Auge begegnen. Man dürfe nicht die Be- 
setzung des einen oder anderen Punktes in krämerhaftem Geiste besprechen, 
um mit scheelem Auge das zu betrachten, was nicht England aeftels Er 
sei der Ansicht, daß sowohl politisch als auch prinzipiell kein schwererer 
Fehler seitens Englands gemacht werden könne, als solche Laune vorherrschen 
zu lassen. Werde Deutschland eine kolonisierende Macht, so rufe er ihm 
Gottes Segen für seine Bestrebungen zu, es werde Englands Bundesfreund 
und Genosse sein zum Segen der Menschheit. „Ich begrüße seinen Eintritt 
in diese Thätigkeit und werde es erfreulich finden, daß es unser Genosse in 
der Verbreitung des Lichtes und der Zivilisation in weniger zivilisierten 
Gegenden wird. Es wird bei diesem Werke unsere herzlichsten und besten 
Wünsche und jede Ermutigung finden, die in unserer Macht steht.“ 
13. März. (Irland.) Besuch des Prinzen von Wales. 
Die Versammlung der parnellitischen Mitglieder des Unterhauses 
nimmt eine Resolution an, welche den Besuch des Prinzen von Wales in 
Irland für inopportun erklärt und der Bevölkerung Irlands und ihren 
Vertretern empfiehlt, ohne sich eines Aktes der Unhöflichkeit gegen den Prinzen 
und- die Prinzessin schuldig zu machen, dem Empfange derselben fern zu 
eiben. 
13. März. (Afghanistan.) England lehnt den rusffischen 
Grenzvorschlag vom 28. Januar ab.
	        
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