302 Frankreich. (Juni 11. - 13.)
fremden Handel festsetzt. Indes ist dieser ermäßigte Tarif nicht auf die über
die Landgrenze zwischen Tonkin und Kuang-Tong ausgeführten Waren an—
zuwenden und soll in den schon durch Verträge eröffneten Häfen ohne Wir-
kung bleiben. Der Handel mit Waffen, Kriegswerkzeugen, Kriegsgerät und
Munition aller Art wird den von jedem der vertragschließenden Staaten auf
seinem Gebiet bestehenden Vorschriften unterworfen sein. Die Ein- und Aus-
fuhr von Opium wird durch besondere Bestimmungen geordnet. Der See-
handel zwischen China und Anam wird gleichfalls durch ein besonderes Ab-
kommen geregelt. Art. 7. Zur vorteilhaften Entwicklung der kommerziellen
und gutnachbarlichen Beziehungen zwischen Frankreich und China wird die
Regierung in Tonkin Landstraßen bauen und zur Anlage von Eisenbahnen
aufmuntern. Wenn China seinerseits sich entschließt, Eisenbahnen zu bauen,
so wird es sich an die französische Industrie wenden und die französische
Regierung wird alle möglichen Erleichterungen gewähren, um ihr in Frank-
reich das nötige Personal zu verschaffen. Indessen ist diese Klausel nicht
als ein ausschließliches Vorrecht zu Gunsten Frankreichs zu betrachten.
Art. 8. Die kommerziellen Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages und
der dazu gehörigen Vorschriften können nach zehn Jahren bei sechsmonat-
licher Kündigung einer Prüfung unterzogen werden. Unterbleibt die Kün-
digung, so bleiben die Vereinbarungen für weitere zehn Jahre in Kraft.
Art. 9. Sobald der gegenwärtige Vertrag unterzeichnet ist, werden die
französischen Streitkräfte Befehl erhalten, sich aus Kelung zurückzuziehen und
die Durchsuchung der chinesischen Schiffe auf hoher See einzustellen, und
binnen einem Monat werden Formosa und die Fischer-Inseln vollständig
geräumt werden. Art. 10 handelt von den frühern Verträgen, die in Kraft
bleiben, und von der Vollziehung des Vertrages. (St. A. 46.)
11. Juni. Admiral Courbet, der Oberbefehlshaber der
französischen. Flotte in Ostasien, 1#### Bord des Panzerschiffes
„Bayard“ vor Matsu, dem Vorhafen von Fu--Tscheu.
Die Kammer, welcher am 15. Juni die Nachricht mitgeteilt wird,
hebt zum Zeichen der Trauer ihre Sitzung auf; der Admiral wird von der
gesamten Presse gefeiert und seine Beerdigung auf Staatskosten, sowie seine
Beisetzung im Pantheon in Anregung gebracht. Diese Stimmung schlägt
jedoch sehr bald um, nachdem verschiedene Briefe Courbets vom Kriegsschau-
platz veröffentlicht werden, in welchen er die Unentschlossenheit und Unfähig-
keit des Ministeriums beklagt und sein lebhaftes Bedauern ausspricht, bei
der Februar-Revolution mitgewirkt zu haben. „Welch' ein trauriges Land
ist das unfrige, wo man eine in die Ferien gegangene Kammer befragen
muß, um unter schwierigen Umständen einen Entschluß zu fassen. Die Re-
gierung hatte Unrecht, die Kammer nicht Ende August einzuberufen, um eine
Verhaltungsrichtschnur von ihr zu verlangen. Ihr Zögern und Schwanken
ruiniert unser Ansehen und verdoppelt die Frechheit unserer Feinde. Wir
fahren fort, auf der Stelle zu treten, trotz der sowohl in Tonkin als auf
Formosa erzielten Erfolge. Welche Elenden sind unsere Minister! Welche
Bande von Mitschuldigen bietet ihnen die Kammermehrheit mit leichtem
Herzen, mit vollem Vorbedacht, und das noch angesichts der bevorstehenden
Wahlen! Wir befinden uns offenbar in vollem Verfall."
13. Juni. Die Suezkommission schließt ihre Sitzungen.
Die Delegierten haben einen Vertrags-Entwurf aufgestellt, welcher im
wesentlichen folgendes bestimmt: Artikel 1 besagt, daß der Suezkanal für
immer sowohl in Kriegs= als Friedenszeiten für jedes Kauffahrtei= oder
Kriegsschiff ohne Unterschied der Flagge frei und offen sein wird; die Mächte