Belgien. April 23.) 339
zur Wahrung der polizeilichen Ordnung würden afrikanische Truppen unter
dem Befehl europäischer Freiwilliger bilden. Es bestände sonach zwischen
Belgien und dem neuen Staate nur ein persönliches Band. Ich bin der
Uberzeugung, daß diese Verbindung dem Lande nützlich sein würde, ohne
daß demselben unter irgend welchen Fällen Lasten daraus erwachsen würden.
Und wenn meine Hoffnungen zur Wirklichkeit werden, so werde ich darin
einen genügenden Lohn für meine Bestrebungen finden. Sie wissen, meine
Herren, daß das Wohl Belgiens der Zweck meines ganzen Lebens ist. Glau-
en Sie u. f. w. Leopold.“
23. April. (Kongostaat.) Erklärung des Ministeriums
über die Ubernahme der Souveränetät des Kongostaates durch den
König.
Der Ministerpräsident Beernaert verliest das Schreiben des Königs
vom 16. April und die folgende vom Gesamtministerium unterzeichnete Er-
klärung:
Die Regierung steht nicht an, Sie zu ersuchen, dem Wunsche des
Königs zu entsprechen und Se. Majestät zu ermächtigen, der Sonverän des
Staates zu sein, den in Afrika die internationale Kongo-Gesellschaft gegrün-
det hat. Diese Ermächtigung wird den jüngst bei einem feierlichen Anlasse
von den Bevollmächtigten fast aller Mächte kundgegebenen Gefühlen ent-
sprechen. Dieselbe scheint sich auch aus der Art und Weise ergeben zu sollen,
wie die Kammern und mit ihnen das ganze Land die Größe und den Nutzen
des königlichen Werkes auffaßten. Der Art. 62 der Verfassung, auf Grund
dessen Ihre Zustimmung und die des Senats erfordert sind, ist nicht mit
Hunsicht auf die vor uns liegenden Verhältnisse aufgestellt worden. Als der
ongreß diese Bestimmung beschloß, war der Thron noch frei und konnte
man, wie man damals dachte, das Aufgehen des Landes in ein anderes unter
dem Vorwand einer Personalverbindung befürchten. Aus dieser Befürchtung
erklären sich die ganz besonderen Bürgschaften, welche die Verfassung gestellt
hat. Während für die Anderung der Landesgrenzen oder für die Bestätigung
einer souveränen Kolonialbesitzung ein mit einfacher Mehrheit erlassenes Ge-
setz genügt, tritt hier die Notwendigkeit heran, die von der Verfassung vor-
gesehenen ausnahmsweisen Mehrheiten zu vereinigen. Wenngleich die von
Ihnen verlangte Ermächtigung die Schwere nicht hat, welche die für die
Aufnahme des Art. 62 in die Verfassung maßgeblichen Möglichkeiten hätten,
so mußte die Regierung dennoch reiflich untersuchen, was in dieser Hinsicht
das Wohl des Landes gebietet. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist Ihnen
bekannt. Die Mächte haben dem neuen Kongostaat Beweise ihres Wohl-
wollens gegeben. Seine internationale Stellung ist geregelt; damit derselbe
die Vorteile der Neutralität genießt, wird eine einfache Erklärung genügen;
seine Flagge ist anerkannt und seine Leiter gleichsam zum voraus bezeichnet.
Unter all diesen Hinsichten müßte jedes Gefühl der Besorgtheit ungerecht-
fertigt erscheinen. Das Land wird die militärischen und finanziellen Lasten,
welche in der Regel aus der Errichtung einer Kolonie entstehen, nicht zu
befürchten haben. Es handelt sich nicht um die Aufpflanzung der belgischen
Flagge in Afrika. Ein unabhängiger Staat wird ins Leben gerufen und
der König will die internationale Kolonie, deren Haupt er sein wird, mit
den Mitteln und Kräften verwalten, welche dem neuen Staate ganz eigen
sein werden. Der König hat die Uberzeugung, daß diese Mittel hinreichen
werden, und beruft sich auf das Beispiel der benachbarten Kolonien, sowie
auf die Erfahrung der schwierigeren Zeiten, welche die Gesellschaft durchging
und wo sie ihrer Aufgabe infolge freiwilliger Beiträge nachkam. Ubrigens