Rußland. (September 30. — Dezember 28.) 361
den der drei baltischen Gouvernements mit Ausnahme gewisser örtlichen
Obrigkeiten ihre Geschäfte und ihren Schriftwechsel in russischer Sprache
führen, und zwar auch in solchen Fällen, wo bei den gedachten Behörden
Personen thätig sind, welche zu den örtlichen Wahlbeamten gehören. Die
eine Ausnahme bildenden örtlichen Behörden führen ihre Geschäfte und ihren
Briefwechsel miteinander deutsch, lettisch oder esthnisch. Treten dieselben aber
in Beziehungen zu den übrigen Behörden der baltischen Gouvernements oder
des Reichs überhaupt, so haben sie sich der russischen Sprache zu bedienen
und von den Behörden auch Schreiben in dieser Sprache entgegenzunehmen.
In allen Sitzungen der baltischen Behörden werden die Verhandlungen in
der Sprache geführt, welche für die Geschäftsführung in denselben verbindlich ist.
30. September. Giers begibt sich zum Kaiser nach Kopen-
hagen und besucht auf der Rückreise den deutschen Reichskanzler in
Friedrichsruhe.
3. Oktober. Empfang der ostrumelischen Deputation durch
den Kaiser in Kopenhagen. (Siehe Bulgarien.)
10. Oktober. Der livländische Landtag beschließt in seiner
Schlußsitzung
unter Berufung auf die internationalen Verträge, welche Livland für
ewige Zeiten die Gewissensfreiheit sichern, den Kaiser um Wiederherstellung
des verfassungsmäßigen Zustandes zu bitten. Dieses Gesuch soll nicht per-
sönlich dem Kaiser durch die Landesvertretung überreicht werden, sondern
durch Vermittlung der Bittschriften-Kommission an ihn gelangen.
2. November. Ausschluß des Fürsten Alexander von Bul-
garien aus der russischen Armee. (Siehe Bulgarien.)
30. November. Tagesbefehl des Kaisers über die Erfolge der
bulgarischen Truppen. (Siehe Bulgarien.)
Anfang Dezember. Die panslavistische Agitation wird
von der Regierung bei verschiedenen Gelegenheiten desavouiert.
Dem General Durnowo, welcher auf der Generalversammlung des
slavischen Wohlthätigkeitsvereins, dessen Präsident der General ist, eine An-
sprache im panslavistischen Sinn hält, wird ein Verweis erteilt. Der Aksa-
kow'sche „Ruß“ erhält wegen eines kriegerischen Artikels gegen Osterreich
(„Der Weg nach Konstantinopel geht über Wien") eine Verwarnung.
1. Dezember. In den Ostseeprovinzen wird die Erteilung
der Konzession zum Bau neuer lutherischer Kirchen, welche bis da-
hin dem Gouverneur zustand, auf den griechisch-orthodoxen Bischof
in Riga übertragen.
11. Dezember. Auf der transkaspischen Eisenbahn wird
die Strecke Kisilarwat-Askabat dem Verkehr übergeben.
28. Dezember. Die Regierung erläßt ein Rundschreiben an
die Redaktionen,
welches alle Berichte über den Bau militärischer Eisenbahnen, über
Truppenverschiebungen und militärische Veränderungen verbietet. Nur dem
amtlichen Blatte des Kriegsministeriums steht das Recht solcher Veröffent-
lichungen zu.