Die Tũrkei und ihre Vasallenstusten. (Anfang September — 21.) 365
barkeit von seiner Seite und von seiten des „durch den Willen des mäch-
tigen orthodoxen Rußland befreiten Bulgariens“ darbringt. Der Kaiser
spricht in seiner Antwort die Gewißheit aus, „daß die Bande der Religion
und Blutsverwandtschaft, welche Rußland mit Bulgarien verknüpfen, ein
ewiges Unterpfand der innigen Verbindung zwischen denselben bleiben werde“.
Anfang September. Streit mit Rumänien über Arab--Tabia.
(Siehe Rumänien.)
18. September. Ausbruch der Revolution in Ostrumelien.
Die Aufständischen nehmen den türkischen Generalgouverneur gefangen,
bilden eine provisorische Regierung, an deren Spitze Dr. Stransky, der geistige
Urheber der Empörung, gestellt wird. Die provisorische Regierung wird auf
telegraphische Aufforderung seitens sämtlicher Lokalverwaltungen sofort an-
erkannt; sie wendet sich um Schutz an den Fürsten Alexander.
18. September. Fürst Alexander begibt sich auf Aufforderung
der provisorischen Regierung von Varna über Tirnowa nach Phi-
lippopel, befiehlt die Mobilmachung der Armee, beruft die Kam-
mern ein und erläßt am 20. September die folgende Proklamation:
„Wir Alexander I., Fürst von Nord= und Süd-Bulgarien durch den
Willen des allmächtigen Gottes und des Volkes, geben unserem Volke be-
kannt, daß die Bevölkerung Ostrumeliens am 18. September, nachdem sie
ihre Regierung gestürzt und eine provisorische Regierung eingesetzt, uns ein-
stimmig zum Fürsten dieser Provinz proklamierte. Dem Wunsche des Volkes,
beide Bulgaren-Länder in eines zu vereinigen und derart sein Ideal zu er-
füllen, nachkommend, anerkennen wir die Union als vollzogene Thatsache
und nehmen den Titel eines Fürsten beider Bulgarien, Nord= und Süd-
Bulgariens, an. Wir übernehmen die Regierung der Provinz und erklären,
daß wir Leben, Freiheit und Eigentum aller friedlichen Bürger ohne Unter-
schied des Glaubens und der Nationalität schützen werden.“ Das Manifest
erklärt, alle Maßregeln seien ergriffen, die Ruhe des Landes sicherzustellen
und alle diejenigen streng zu verfolgen, welche gegen dieselben handeln sollten
und fährt dann fort: „Ich hoffe, daß mein geliebtes Volk beider Balkan-
Länder, welches das große Ereignis enthusiastisch begrüßt, der Konsolidierung
des heiligen Aktes der Vereinigung beider Bulgarien seine Unterstützung zu
leihen bereit sein wird, alle Opfer bringen und Anstrengungen machen wird
für die Verteidigung der Union und für die Unabhängigkeit des theuren
Vaterlandes. Gott stehe uns in diesem schwierigen Unternehmen bei! Ge-
geben in der alten Hauptstadt Groß-Tirnowo am 20. September 1885.“
21. September. Der Fürst erläßt das folgende telegraphische
Rundschreiben an die Großmächte:
Der bisherige Staat Ostrumelien hat aufgehört zu bestehen, das Volk
hat durch allgemeine Abstimmung mich als seinen Fürsten proklamiert. Die
Bewohner des Fürstentums Bulgarien haben mich einstimmig gebeten, diese
Wahl anzunehmen. In Anbetracht der heiligen Pflicht gegen mein Volk
habe ich dieselbe durch eine Proklamation an das bulgarische Volk ange-
nommen. In Philippopel angelangt, und nachdem ich die Regierung in die
Hand genommen, erkläre ich in der feierlichsten Weise, daß sich die Ver-
einigung der beiden Bulgarien ohne eine feindliche Absicht gegen die kaiserlich
ottomanische Regierung, deren Suzeränetät ich anerkenne, vollzogen hat. Ich
verbürge mich für die Ruhe der beiden Länder und für die Sicherheit der
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