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ganisierte Armee, sondern über zwei auf ganz verschiedenen
Grundlagen aufgebaute Milizheere, die zu verschmelzen um so
schwieriger war, als man ihn unmittelbar vor Ausbruch des
Krieges der höheren Offiziere beraubt hatte, deren Stellen von
lauter Russen eingenommen wurden. Ohne Truppenführer, ohne
Generalstab, ohne Genie-Offiziere, nur mit zwei Stabsoffizieren
unternahm Fürst Alexander die schwere Aufgabe, die durch ihre
Erfolge berauschte serbische Armee an den Thoren der Hauptstadt
aufzuhalten. Am 16. November trifft der Fürst in Sophia und
wenige Stunden später in Slivnitza ein und übernimmt augen-
blicklich das Kommando. Wie mit einem Schlage verändert sich
die Situation. Die entmutigten Milizsoldaten, welche an den
Grenzen ihre Waffen weggeworfen, ihre Geschütze im Stiche ge-
lassen haben und sich zu Hunderten gefangennehmen ließen, wer-
den plötzlich zu Helden. Die Thatsache, daß Fürst Alexander an
ihrer Spitze steht, daß er sich persönlich, gleichwie jeder Soldat,
den feindlichen Kugeln preisgibt, hat genügt, um sie und das
ganze Volk zu enthufiasmieren.“ Mit allen ihm zu Gebote
stehenden Streitkräften warf sich der Fürst der nördlichen der
drei serbischen Angriffskolonnen unbekümmert um die beiden an-
dern, welche wenige Kilometer vor den Thoren Sophia's standen,
bei Slivnitza entgegen, warf sie zurück, eroberte eine serbische
Position nach der andern, rückte, indem er die geschlagene Armee
rastlos verfolgte, in wenigen Tagen in Serbien ein und schlug
sein Hauptquartier in der serbischen Stadt Pirot auf. Die stra-
tegischen Früchte dieses kühnen Vorgehens traten bald zu Tage:
Die südlichen serbischen Kolonnen räumten, ohne geschlagen zu
sein, ja ohne daß sie überhaupt erhebliche feindliche Truppen vor
sich hatten, das bulgarische Gebiet.
Ganz Europa jauchzte dem jungen Helden zu: In Deutsch-
land feierte man den deutschen Fürsten und preußischen Offizier
und erkannte mit Stolz in seiner Kriegsführung die wohlbekannten
Züge preußischer Strategie und Taktik wieder; selbst die öster-
reichische Presse, welche sonst ganz im serbischen Fahrwasser schwimmt,
ließ ihre politische Stellung hinter die persönliche Bewunderung
für den Fürsten zurücktreten. In Rußland hoffte man auf eine