Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Erster Jahrgang. 1885. (26)

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ganisierte Armee, sondern über zwei auf ganz verschiedenen 
Grundlagen aufgebaute Milizheere, die zu verschmelzen um so 
schwieriger war, als man ihn unmittelbar vor Ausbruch des 
Krieges der höheren Offiziere beraubt hatte, deren Stellen von 
lauter Russen eingenommen wurden. Ohne Truppenführer, ohne 
Generalstab, ohne Genie-Offiziere, nur mit zwei Stabsoffizieren 
unternahm Fürst Alexander die schwere Aufgabe, die durch ihre 
Erfolge berauschte serbische Armee an den Thoren der Hauptstadt 
aufzuhalten. Am 16. November trifft der Fürst in Sophia und 
wenige Stunden später in Slivnitza ein und übernimmt augen- 
blicklich das Kommando. Wie mit einem Schlage verändert sich 
die Situation. Die entmutigten Milizsoldaten, welche an den 
Grenzen ihre Waffen weggeworfen, ihre Geschütze im Stiche ge- 
lassen haben und sich zu Hunderten gefangennehmen ließen, wer- 
den plötzlich zu Helden. Die Thatsache, daß Fürst Alexander an 
ihrer Spitze steht, daß er sich persönlich, gleichwie jeder Soldat, 
den feindlichen Kugeln preisgibt, hat genügt, um sie und das 
ganze Volk zu enthufiasmieren.“ Mit allen ihm zu Gebote 
stehenden Streitkräften warf sich der Fürst der nördlichen der 
drei serbischen Angriffskolonnen unbekümmert um die beiden an- 
dern, welche wenige Kilometer vor den Thoren Sophia's standen, 
bei Slivnitza entgegen, warf sie zurück, eroberte eine serbische 
Position nach der andern, rückte, indem er die geschlagene Armee 
rastlos verfolgte, in wenigen Tagen in Serbien ein und schlug 
sein Hauptquartier in der serbischen Stadt Pirot auf. Die stra- 
tegischen Früchte dieses kühnen Vorgehens traten bald zu Tage: 
Die südlichen serbischen Kolonnen räumten, ohne geschlagen zu 
sein, ja ohne daß sie überhaupt erhebliche feindliche Truppen vor 
sich hatten, das bulgarische Gebiet. 
Ganz Europa jauchzte dem jungen Helden zu: In Deutsch- 
land feierte man den deutschen Fürsten und preußischen Offizier 
und erkannte mit Stolz in seiner Kriegsführung die wohlbekannten 
Züge preußischer Strategie und Taktik wieder; selbst die öster- 
reichische Presse, welche sonst ganz im serbischen Fahrwasser schwimmt, 
ließ ihre politische Stellung hinter die persönliche Bewunderung 
für den Fürsten zurücktreten. In Rußland hoffte man auf eine
	        
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