Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Mai 5.) 83
sollen erhoben werden von: A. Kauf- und sonstigen Anschaffungsgeschäften über
1) in ausländischer Währung zahlbare Wechsel, ausländische Banknoten,
ausländisches Papiergeld, ausländiche Geldsorten, Auszahlungen an aus-
ländischen Plätzen in fremden Valuten; 2) Wertpapiere der unter 1, 2 und 3
des Tarifs bezeichneten Art, 1/10 vom Tausend; B. Kauf- und sonstige An-
schaffungsgeschäfte, welche unter Zugrundelegung von Usancen einer Börse
geschlossen werden (Loko-, Zeit-, Fix-, Termin-, Prämien- etc. Geschäfte), über
Mengen von Waren, die börsenmäßig gehandelt werden, 2/10 vom Tausend,
vom Wert des Gegenstandes des Geschäfts, und zwar in Abstufungen von
je vollen 2000 M, bei Geschäften im Werte von 10,000 M und mehr in
Abstufungen von je vollen 10,000 M Bei Geschäften unter 2000 M wird
die Steuer von einem Werte von 2000 M berechnet. Der Wert des Gegen-
standes wird nach dem vereinbarten Kauf- oder Lieferungspreis, sonst durch
den mittleren Börsen- oder Marktpreis am Tage des Abschlusses bestimmt.
Die zu den Wertpapieren gehörigen Zins- und Dividenden-Kupons bleiben
bei Berechnung der Abgabe außer Betracht. Ausländische Werte sind nach
den Vorschriften wegen Erhebung des Wechselstempels umzurechnen. Als
börsenmäßig gehandelt gelten diejenigen Waren, für welche an der Börse,
deren Usancen für das Geschäft maßgebend sind, Terminpreise notiert werden.
Befreiungen: Die vorbestimmte Abgabe wird nicht erhoben: 1) falls der
Wert des Gegenstandes des Geschäfts nicht mehr als 600 M beträgt; 2) für
sogenannte Kontantgeschäfte über die unter A. 1) bezeichneten Gegenstände,
sowie über ungemünztes Gold oder Silber. Als Kontantgeschäfte gelten
solche Geschäfte, welche vertragsmäßig durch Lieferung des Gegenstandes seitens
des Verpflichteten an dem Tage des Geschäftsabschlusses zu erfüllen sind.
Der Reichskanzler erklärt sich mit dem Prinzip der prozentualen Steuer
einverstanden, wünscht aber Änderungen in zwei Richtungen: Schonung des
Wechselarbitrage-Geschäfts und Sicherstellung der Produzenten gegen die Lasten
der Steuer.
Der Antrag Richter auf Aufhebung des Petroleumzolles, sowie die
Anträge Kayser auf Aufhebung der Salzsteuer, eventuell Gründung eines
Arbeiter-Invalidenfonds mit Hilfe der Erträge der Börsensteuer werden ab-
gelehnt. Staatssekretär von Burchard erklärt dieselben lediglich für Tendenz-
Anträge, da die Salzsteuer 47 Millionen, der Petroleumzoll 22 Millionen
Mark einbringe, Summen, welche der Ertrag der Börsensteuer auch nicht
annähernd erreichen würde.
5. Mai. (Ägypten.) Dem Bundesrate und Reichstage wird
ein Weißbuch, „Aktenstücke, betr. Ägypten“, vorgelegt (St. A. 46).
Das Weißbuch enthält die Verhandlungen über die ägyptische Finanz-
konvention vom 17. Mär 1885 und umfaßt den Zeitraum vom 29. No-
vember 1884 bis 27. März 1885. Es beginnt mit einem Schreiben des
englischen Botchafter in Berlin vom 29. November 1884, welchem ein
Memorandum mit den englischen Vorschlägen: Aufnahme einer von England
zu garantierenden Anleihe von 5 Millionen Pfund Sterling; Herabsetzung
der Zinsen der unifizierten Schuld, der mit dieser zu vereinigenden Daira-
Anleihe und der Suez-Anleihe; Besteuerung der Fremden. Darauf folgt ein
Erlaß des deutschen Reichskanzlers vom 20. Dezember 1884 an den deutschen
Botschafter in London, in welchem derselbe angewiesen wird, die Gesichts-
punkte, von denen aus die deutsche Regierung die Vorschläge des Memoran-
dums vom 29. November beurteile, Lord Granville vertraulich mitzuteilen.
In dem Erlaß wird darauf hingewiesen, daß es Deutschland erwünscht sein
müsse, in der ägyptischen Schuldenkommission nicht länger unvertreten zu
sein, daß aber ein Antrag auf Vertretung bisher vom Chedive nicht beant-
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