Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiter Jahrgang. 1886. (27)

Greßbrilannien. (Januar 21.) 281 
Es werden Ihnen Gesefentwürfe unterbreitet werden behufs Uber- 
tragung lokaler Geschäfte, die bis jetzt von den Gerichtshöfen der Viertel- 
jahrssefftonen und andern Behörden erledigt wurden, an Vertretungsräten in 
den Grafschaften von Großbritannien. Auch ist ein Entwurf behufs Umge- 
staltung der Grafschaftsverwaltung von Irland in Vorbereitung. Diese 
Maßregeln werden die Abänderung der bisherigen Lokalabgaben nötig machen. 
Ferner wird Ihnen ein Entwurf zur Erleichterung des Verkaufs von Grund 
und Boden in übereinstimmung mit den Bedürfnissen der Landbevölkerung 
unterbreitet werden; ebenso Entwürfe zur Entfernung der Schwierigkeiten 
betreffs der leichten und billigen Landübertragung; zur Milderung der Lage 
der ärmeren Klassen in den westlichen Hochländern und Inseln von Schott- 
land; zur wirkungsvollern Verhütung von Bergwerkszunfällen; zur Aus- 
dehnung der Befugnisse der Eisenbahngesellschaften betreffs der Regulierung 
ihrer Fahrpreise, und zur Kodifizierung des Kriminalgesetzes. Ich hoffe, daß 
der königliche Ausschuß betreffs Untersuchung der Wirksamseit des Unterrichts- 
gesetzes wohlthätige Ergebnisse für die Jugenderziehung haben wird. Die 
schnelle und wirkungsvolle Erledigung der immer wachsenden Geschäfte, die 
Ihnen zur Last fallen, wird ohne Zweifel Ihre Aufmerksamkeit beanspruchen. 
In diesen und andern Ihnen obliegenden Angelegenheiten empfehle 
ich Sie ernstlich dem Walten und der Leitung des allmächtigen Gottes. 
21. Januar. Bei Beginn der Adreßdebatte gibt Salis- 
bury im Oberhause folgende Erklärungen über die Balkanfrage ab: 
„Wir glauben, daß der Verlauf, welchen die rumelische Angelegen- 
heit neuerdings genommen hat, indem Unterhandlungen darüber direkt 
zwischen dem Fürsten von Bulgarien und dem Sultan stattfinden, zu einem 
gedeihlichen und friedlichen Abschlusse führen wird. Wir haben jeden Grund 
zu der Hoffnung, daß mit der Zustimmung der Großmächte der Sultan und 
der Fürst zu einem Üübereinkommen gelangen werden, und ich bin gewiß, 
daß, wenn sie dies bewerkstelligen, nicht nur gos Glück des bulgarischen Volkes 
begründet ist, sondern auch die Macht des türkischen Reiches in nicht geringem 
Grade dadurch gestärkt wird. Es gibt selbstverständlich Gefahren. Da ist 
die Gefahr von Ruhestörung seitens einiger der kleineren Staaten, die, wie 
uns scheint, an den Ereignissen innerhalb der Grenzen der beiden Bulgarien 
sehr wenig interessiert sind. Ich bedauere sehr die Ansichten, zu denen Ser- 
bien und Griechenland über ihre Interessen und Pflichten in dieser Ange- 
legenheit gelangt sind. Ich glaube, fie gefährden ihre eigenen teuersten In- 
teressen und bringen auch den Frieden auf der Balkan-Halbinsel r Mög- 
licherweise den Frieden Europas — durch ihre unmöglichen Forderungen in 
Gefahr. Alle diese Ansprüche, insbesondere der auf Seiten Griechenlands 
auf Schadloshaltung auf Kosten der Türkei wegen einer Veränderung, die 
sicherlich die Türkei nicht angeregt und nicht besonders willkommen geheißen 
hat, ist das außerordentlichste und neueste im Völkerrecht, was, soweit meine 
Erinnerung reicht, jemals versucht worden ist. Ich bin überzeugt, daß solche 
Ansprüche auf keine Sympathie seitens der Mächte rechnen können; auf Seite 
Englands werden sie weder Sympathie noch Unterstützung finden. So weit 
der Einfluß Englands reicht, wird er dazu angewendet werden, irgend einen 
mutwilligen Friedensbruch im Osten für Zwecke und unter Vorwänden, die 
das Gewissen der Menschheit nicht rechtfertigen kann, zu verhindern. Ich 
hoffe ernstlich, daß die griechische Regierung bewogen werden mag, von einem 
Wagnis abzustehen, welches eine Zukunft gefährden dürfte, die glänzend ge- 
nug ist; und wir erblicken keinen Mangel an wirklicher Sympathie auf Seite 
der Nationen Europas, wenn sie die Griechen beschwören, das vor wenigen 
Jahren zu stande gebrachte Abkommen ohne irgend welche Störung ihrerseits 
 
	        
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