Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Okt. 31.-Nov. Anf. 159
Gesinnungen, die Ihn mit Ew. Majestät vereinigen, und der Traditionen
herzlicher Freundschaft zwischen den beiden Ländern zu sein.
(gez.) Giers.“
31. Oktober. (Grundsteinlegung zum Reichsgerichts-
gebäude). In Gegenwart des Kaisers und des Königs von Sachsen
findet in Leipzig die Grundsteinlegung des Reichsgerichtsgebäudes statt.
Nachdem Staatssekretär v. Schelling die Urkunde verlesen, welche mit
anderen Papieren und Denkmünzen in eine kupferne Kassette gelegt und in
den Grundstein versenkt wurde, traten der Kaiser und der König an den
Grundstein heran und bewarfen beide dreimal den Stein mit Mörtel. Als-
dann taten dieselben die Hammerschläge, der Kaiser mit dem Spruch: „Der
Ehre des allmächtigen Gottes, dem Rechte und seinen alle Zeit getreuen
Knechten,“ König Albert mit dem Spruch: „Gott zur Ehre, dem Reiche zum
Ruhme, dem Rechte zum Schirme.“
Am Nachmittag kehrte der Kaiser nach Potsdam zurück.
Ende Oktober. (Kaiser Wilhelm und Herr von Benda.)
Bei einer Rede, die Herr von Benda in Magdeburg gehalten, hatte
er erklärt, daß er sogleich nach der sog. Waldersee-Versammlung (vgl.
Gesch. Kal. Bd. 28, S. 190), deren Teilnehmer er gewesen, die Äuße-
rungen des damaligen Prinzen Wilhelm auf dem Papier festgehalten
habe und auf Grund dieser Notizen authentisch versichern könne,
der hohe Herr habe eine durch politische und religiöse Partei-
stellung ungetrübte Aktion in der dort verhandelten Frage gefordert.
Da der Reichsbote diese von Bendaschen Äußerungen als eine Aus-
nützung der Person des Kaisers zu Kartell-Wahlzwecken bezeichnet
und bemerkt, die Rede Kaiser Wilhelms an die Berliner Magistrats-
Deputation sei auch gegen jene Äußerungen gerichtet gewesen, so
bringt demgegenüber der „Hamb. Korr.“ folgende Mitteilung:
„Wir glauben, keine Indiskretion zu begehen, wenn wir derartige
tendenziöse Unterstellungen durch die Mitteilung zerstören, daß der Kaiser
noch vor Beendigung seiner Reise dem Abg. v. Benda für die in Magde-
burg gesprochenen Worte telegraphisch seinen herzlichen Dank ausgespro-
en hat.“
Anfang November. (Der Anfang des Kulturkampfs.)
Anläßlich einer Mitteilung der klerikalen „Historisch-politischen
Blätter“, welche im Anschluß an eine Äußerung des Tagebuchs
Kaiser Friedrichs, Graf Bismarck wolle nach Beendigung des fran-
zösischen Krieges dem Unfehlbarkeitsdogma entgegentreten, behauptet
hatten, daß im Sommer 1869 die preußische Regierung unter dem
damaligen Ministerpräsidenten Grafen v. Bismarck, bei Gelegenheit
des sogenannten „Moabiter Klostersturms“, eine den geistlichen
Orden und der katholischen Kirche feindliche Haltung angenommen
habe, veröffentlicht die „Nordd. Allg. Ztg.“ einen hochoffiziösen