Die Österreichisch-Ungarische Monarchie. (Angust 16.—30.) 271
der deutsche Stamm der zahlreichste und mächtigste ist. Müssen sich doch
selbst Eduard Gregr und Herold, wenn sie sich mit den Polen verständigen
wollen, der deutschen Sprache bedienen. (Beifall.) Unwahr sei der Vorwurf,
daß die Tschechen seit dem Aufgeben der Passivitätspolitik nichts erreicht
baben. Ihre bisherigen Errungenschaften seien nicht zu unterschätzen; er
brauche nur folgende anzuführen: die gegenwärtige Zusammensetzung des
böhmischen Landtages und Landesausschusses, die Tschechisierung der Handels-
kammern in Prag, Budweis und Pilsen, wodurch die Zahl der tschechischen
Abgeordneten des Landtages und Reichsrates verstärkt wurde; die tschechische
Universität, das neue Gewerbegesetz, zahlreiche Lokalbahnen, die Verbesserung
der Stellung der Arbeiter, die drei tschechischen Gewerbeschulen in Prag,
Pilsen und Brünn, zahlreiche gewerbliche und Handwerkerschulen und die
wenigstens teilweise Durchführung der Gleichberechtigung beim Prager Ober-
gerichte und beim Obersten Gerichtshofe. Redner erklärt, stets treu dem.
Tschechen-Klub bleiben zu wollen, da nur im Einvernehmen mit der Ma-
jorität und der Regierung das von den Tschechen in der Deklaration vor-
gesteckte Ziel erreicht werden könne. (Beifall.)
16. August. (Österreich: Demonstration für Stroß-
mayer.) Dem Bischof Stroßmayer wird auf seiner Rückreise nach
Diakovar in Agram eine großartige Ovation bereitet.
19. August. (Österreich: v. Schönerer.) Schönerer wird
auf der Reise von Zwettl nach Wien, wo er am folgenden Tage
seine Strafe antritt, in verschiedenen Stationen von seinen Anhän-
gern durch Blumengaben begrüßt. In Absdorf hält er eine kurze
Ansprache. Vor dem Franz Josephs-Bahnhof in Wien warteten
mehrere tausend Personen, die ihm eine stürmische Ovation dar-
brachten. Die Polizei hinderte das Publikum, seinem Wagen zu
folgen, hinter welchem eine berittene Sicherheitswache sprengte.
21. August. (Österreich: Jungtschechische Politik.)
In einer Prager Wählerversammlung erstattete der Reichsrats-Ab-
geordnete für die Prager Altstadt, Professor Blazek (Jungtschecheh,
den Rechenschaftsbericht.
Er sagt, daß der Militarismus schließlich zum Ruin Österreichs
führen müsse. Österreich täte am besten, die Freundschaft Rußlands zu
suchen. (Demonstrativer Beifall.) Deutschland meine es nicht ehrlich mit
Österreich; dies beweise am besten der letzte Besuch des deutschen Kaisers in
Rußland. Derselbe bezwecke nichts anderes, als Österreich mit Rußland in
einen Krieg zu verwickeln und so zu schwächen, damit dann Deutschland als
ehrlicher Makler einschreiten könne. (Beifall.) Redner schließt mit den Wor-
ten, daß die Tschechen niemals das Staatsrecht aufgeben und stets die For-
derung auf Gleichberechtigung der tschechischen Sprache mit der deutschen
erheben werden. (Langandauernder Beifall.)
22. August. (Ungarn.) Unterrichtsminister Trefort +.
30. August. (Österreich: Alt= und Jungruthenen.)
Die Alt= und Jungruthenen kommen überein, diesmal bei den Er-
gänzungswahlen für den Landtag solidarisch vorzugehen.