Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierter Jahrgang. 1888. (29)

334 Eraukreich. (Mai 19. —2. Hälfte.) 
Paris) beschließen, bei den nächsten allgemeinen Wahlen alles 
aufzubieten, um in Paris Kandidaten durchzubringen, welche dem 
jetzigen Regiment ein Ende zu machen die Absicht haben. Einer 
derselben erklärt: 
„Wir sind unserer Fünftausend. Wir können ohne Mühe etwa 15 
Millionen daran wenden, haben einen großen Teil unserer Azzestellten und 
Beamten zur Verfügung und sind deshalb sicher, unsere Wahlliste, auf die 
wir nur Geschäftsleute, einerlei, welcher politischen Meinung sie angehören, 
setzen werden, durchzubringen. Wir wollen nicht mehr durch Advokaten, 
Aerzte und dergleichen im Parlament vertreten sein, die, einmal gewählt, 
ihr Mandat nur dazu benutzen, sich eine Stellung zu ahen oder gar zu 
bereichern. Es ist uns gleichgiltig, ob die Republik von heute darüber zu 
Grunde geht, denn die jetzigen Führer sind noch schlimmer als die Leute 
des Kaiserreichs."“ 
19. Mai. (Gemeinderatswahlen.) Floquet teilt im Mi- 
nisterrat das Ergebnis der Gemeinderatswahlen mit. In den Haupt- 
orten siegten die Republikaner an 121 Stellen und verloren an 110. 
23. Mai. (Gesellschaft des Menschen= und Bürger- 
rechtes.) In Paris treten 400 Senatoren, Deputierte, Journa- 
listen, Gemeinderäte und Mitglieder republikanischer Ausschüsse im 
„Großen Orient“ zur Bildung einer Gesellschaft des Menschen- und 
Bürgerrechtes zusammen. 
Das Programm ist, in einer thätigen Politik alle republikanischen 
Kräfte gegen jeden Versuch einer Reaktion oder Diktatur zu einigen. Die 
Versammlung besteht aus Radikalen und Sozialisten. Zum Präsidenten 
wird Clemenceau, zu Beisitzern Goffrin und Ranc, zu Sekretären Brousse 
und Pichon gewählt. Die neue Gesellschaft stellt eine Verbindung der äußer- 
sten Linken mit den Sozialrevolutionären dar. 
2. Hälfte Mai. (Sprengung der Deputierkammer.) 
Die französischen Monarchisten vereinigen sich, die Sprengung der 
Deputierkammer herbeizuführen. Auf Beschluß der Gruppen der 
Rechten erwägen die drei Präsidenten der Deputiertengruppen der 
Rechten, des Vereins der Rechten und der Berufung ans Volk die 
Bildung eines großen Ausschusses, um zur Auflösung des Parla- 
ments zu gelangen. Nach Pfingsten, beschließt man, die drei Gruppen 
zusammenzuberufen, um die Beschlüsse zu bestätigen, die von La- 
rochefoucauld, Jolibois und Mackau, den Führen der Gruppen, 
vereinbart sind. 
In derselben Zeit wird in Brüssel eine Bonapartisten-Ver- 
sammlung abgehalten, die sich mit der Frage beschäftigt, wie das 
von den royalistischen Verbündeten aufgestellte Programm der Kam- 
merauflösung und Verfassungsänderung verwirklicht werden könne. 
Zu diesem Zwecke wird beschlossen, ein besonderes Agitationskomitee
	        
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