Preufien und der norddeutsche Pund. 37
Personen geleitet werden, denen nach den bisherigen Erfahrungen ein Ver-
trauen nicht mehr geschenkt werden kann, und zu erwarten ist, daß die Ar-
beiterbewegung unter dieser Leitung von ihrem Ziel abgelenkt und in reactio-
närem Sinne mißbraucht wird; diese Personen jedoch so fest in der Arbeiter-
partei sich eingenistet haben und durch ihre persönlichen Anhänger so erfolgreich
gestützt werden, daß eine Veränderung in den Vereinen nicht zu erwarten ist;
in Erwägung, daß die social-demokratische Arbeiterpartei Bebel's ausgespro-
chenermaßen die Volkspartei nicht in gleichem Maße wie die anderen Bourgeois=
Parteien bekämpft, und daß sie die Arbeiterbewegung hemmende Bourgeois-
Elemente in ihrem Vereine zählt; in weiterer Erwägung, daß die Organisation
der social-demokratischen Arbeiterpartei eine mangelhafte, die Kräfte der Ar-
beiter nicht genug zusammenfassende ist: erklären die Arbeiter-Delegirten, daß
von einem Verbleiben in beiden ersteren Vereinen keine Rede sein kann, ein
Eintritt in die social-demokratische Arbeiterpartei aber so lange, bis diese
Partei die die Arbeiterbewegung hemmenden Bourgeois-Elemente aus sich
entfernt und eine stramme Organisation, ähnlich der Lassalle'schen, nur mit
Unmöglichmachung der Dictatur, einführt, nicht wünschenswerth erscheint; geben
übrigens die Erklärung ab: daß sie es für geboten erachten, in prineipiellen
Fragen stets miteinander und falschen Führern der Arbeiterbewegung à la
Schweitzer und Orthodoxen à la Mende gegenüber gemeinsam zu handeln.“
21. Jan. (Preußen). Schluß der kurhessischen Synode. Dieselbe
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cinigt sich fast einstimmig mit dem Vertreter des kgl. Kirchenregiments
über eine Presbyterialordnung und über eine Ordnung für künftige
jährliche Kreis= und dreijährliche Landessynoden.
„ (Schwarzburg-Rudolstadt). Die Neuwahlen zum Land-
tag, der in Folge seiner Weigerung, die Steuern und Sporteln zu
erhöhen (s. 1869 XII 1 u. 13), aufgelöst worden war, fallen zu
Ungunsten der Regierung aus.
Von den 16 Gewählten sind 9 entschieden oppositionell, 3 ministeriell, die
übrigen zweifelhaft. Das Programm der Opposition geht auf Verwerfung
jeder Steuererhöhung und Bewilligung einer Anleihe zur Beseitigung des
augenblicklichen Deficits unter der Bedingung, daß ein Wechsel! im Ministerium
vor sich gehe.
„ (Preußen). Abg.Haus: Entscheidende Abstimmung bez. der
Kreisordnungsvorlage. Bei § 46 wird die kgl. Ernennung der
Amtshauptleute verworfen und beschlossen, daß dieselben von den
Aemtervertretungen gewählt werden sollen. Die Regierung hat da-
mit das Interesse an der Fortsetzung der Berathung verloren.
„ (Sachsen). I. Kammer: Debatte über den May'schen Ab-
rüstungsantrag. Derselbe wird schließlich mit 24 gegen 21 Stim-
men abgelehnt.
Der Antrag hatte am 19. November 1869 in der II. Kammer gegen die
Stimmen der Nationalliberalen Annahme gefunden. In der I. Kammer war
er hierauf an eine Commission gewiesen worden, die mit ihren Anträgen auf-
fallend lange zögerte. Nunmehr beantragt die Mehrheit der Commission Ab-
lehnung, die Minderheit unveränderte Annahme des Antrags. Der Ausgang
der Debatte erregt allgemeines Interesse und von den 47 Kammermitgliedern
finden sich 45, darunter die k. Prinzen, ein. Der Kriegsminister: Die
Regierung werde den alten Ruhm der Armee zu wahren wissen; nach Lage
der Sache sei dieß aber nicht anders möglich, als daß es bei den jetzigen Ein-
richtungen verbleibe. Faktisch werde die dreijährige Dienstzeit durch Beurlau-