260 Die Römische Kurie. (April 19.—Okt. 18.)
aufrichtigsten Wünsche aus, welche wir für Ihr Wohlergehen und für das
Ihrer Kaiserlichen Familie hegen.
Vom Vatikan, den 14. März 1890. gez. Leo P. P.“
19. April. Der Papst empfängt einen Vertreter des „New-
York Herald“ und äußert ihm gegenüber:
„Die soziale Frage könne nur durch Hebung der Sittlichkeit der
Welt gelöst werden. Die Regierungen der verschiedenen Nationen müßten
das Ihrige thun, er werde das Seinige thun. Er beabsichtige, Ausschüsse
in jeder Diözese der Welt bilden zu lassen. Jeder Ausschuß solle einen
Bischof an der Spitze haben und entweder aus Arbeitern oder Personen,
welche mit den Arbeitern sympathisieren und verkehren, bestehen. An Fest-
tagen, und wenn immer die Arbeit ruhe, würden diese Ausschüsse die Ar-
beiter zusammenberufen, deren Pflichten erörtern und ihnen wahre Sittlich-
keitslehren einprägen."“
20. April. Der Erzbischof von Köln erhält ein Breve
des Papstes, in welchem dem Erzbischof und allen Bischöfen Deutsch-
lands die fortgesetzte Sorge für das Wohl der arbeitenden Klassen
und für die Missionierung der Eingeborenen deutscher Schutzgebiete
in Afrika dringend ans Herz gelegt wird.
21. April. Der Papst empfängt in der Peterskirche eine
Pilgermasse von angeblich 20,000 Personen.
23. Juni. Der Papst hält ein Konsistorium, in welchem
er die Bischöfe Galleati von Ravenna, Mermillod von Lau-
sanne und Genf, Dunajewski von Krakau, sowie den Nuntius
in Lissabon Vanutelli zu Kardinälen ernennt.
21. Juli. Der „Osservatore Romano“ veröbffentlicht einen
Brief des Papstes an den Kardinal Lavigerie, in welchem der
Papst seine Freude über den Fortschritt der afrikanischen Völker
in der Civilisation ausspricht, und seine Unterstützung in Aus-
sicht stellt.
15. Juli. Der Papst verläßt bei einer Spazierfahrt die
vatikanischen Höfe durch das eine Thor, um sogleich durch das
andere zurückzukehren. Hieran knüpfen viele Blätter die Hoffnung,
daß er die Fiktion der Gefangenschaft aufgeben werde; doch
bestreiten die päpstlichen Organe dies sogleich mit Entschiedenheit.
3. Oktober. Kardinal Hergenröther, Archivar der Kurie f.
15. Oktober. Eine päpstliche Encyklika an den italieni-
schen Klerus verurteilt in leidenschaftlichem Ton die Handlungs-
weise der italienischen Regierung gegenüber der Kurie.
18. Oktober. Der „Osservatore Romano“ erklärt mit Ent-
schiedenheit die Mitteilungen der „Riforma“ (Organ Crispis)
für unwahr, wonach die Kurie den Nuntius Galimberti in Wien