Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechster Jahrgang. 1890. (31)

Niederlande und sjuremburz. (August—Okt. 28.) 273 
Zölle in Europa und in den niederländischen Kolonien sehr hoch und 
schützend seien, enthüllt eine totale Unkenntnis der Thatsachen. Die nieder- 
ländischen Faktoreien in Banama und anderen Plätzen der Westküste Afrikas 
sind nicht nur die ältesten, sondern auch die größten in jenem Teile der 
Welt. Was die hohen Zölle betrifft, so vergleiche man die niederländischen 
nur mit denen aller anderen Nationen, und man wird das Absurde dieser 
Behauptung einsehen.“ 
August. Die Regierung bringt einen Gesetzentwurf ein, der 
die Aufhebung der Stellvertretung und des Nummertausches, 
eine erhebliche Vergrößerung der Armeestärke und die Einführung 
einer Land= und Seewehr anstatt der veralteten Bürgerwehr (Schut- 
tery) bezweckt. 
16. September. Die Kammern werden durch den Minister- 
präsidenten Mackay mit einer Thronrede eröffnet, in der freund- 
schaftliche internationale Beziehungen konstatiert werden und weiter 
gesagt wird: 
„Die Niederlande haben auf dem Antisklavereikongreß ernstlich die 
gegen den Sklavenhandel gerichteten Bemühungen unterstützt und die Re- 
gierung bedauere, daß die Konferenz bisher ihren humanen Zweck nicht 
erreicht habe. Handel, Industrie und Schiffahrt haben sich gehoben; die 
Postdampferfahrten nach Ostindien sollen beschleunigt werden; die finanzielle 
Lage sei günstig. Für das Militärgesetz wird die Dringlichkeit verlangt 
und schließlich die ökonomische Lage Ostindiens und die schlechte Kaffee-Ernte 
in Java erwähnt. Bewässerungsarbeiten und Bau von Eisenbahnen unter 
Staatsgarantie werden in Aussicht gestellt.“ 
Mitte Oktober. Der König erkrankt ernstlich; gegenüber 
mancherlei Gerüchten gibt der „Standaard“ folgende offiziöse 
Darstellung: 
„Bis vor 14 Tagen hat der König seine gewöhnlichen Arbeiten ver- 
richtet. Wie bekannt ist, verläßt er das Loo niemals, und die Minister 
müssen alles schriftlich mit ihm erledigen, aber dies verhindert keineswegs, 
daß sich der König persönlich mit Staatsangelegenheiten befaßt. Während 
des ganzen Sommers hat Se. Majestät die unzweideutigsten Beweise dafür 
gegeben, daß er von allem, was überhaupt vorging, unterrichtet war, und 
es liegt auch nicht der leiseste Grund zu der Annahme vor, daß er in mehr 
oder weniger umnachtetem Geisteszustand jemals die erforderliche Zustimmung 
zu irgend etwas gegeben haben sollte. Natürlich erheischt dies körperliche 
Anstrengung, weshalb auch Se. Majestät, als die alte Krankheit wieder an 
Heftigkeit zunahm, von jeglicher Arbeit absehen mußte. Gerade der Um- 
stand, daß, sobald die Krankheit schlimmer wurde, kein einziger Königlicher 
Beschluß mehr im „Staatsblatt“ erschien, beweist, daß alles in vollkommen 
normalem Zustand ist. Außerdem darf man nicht übersehen, daß die Aerzte 
Hausirtte sind, und daß also die Regierung ihnen nichts vorzuschreiben hat. 
ie Einzelheiten, aus welchen die persönliche Arbeitsbethätigung des Königs 
mit mathematischer Sicherheit hervorgeht, entziehen sich natürlich der Mit- 
teilung, sie sind nichtsdestoweniger aber so entscheidender Art, daß jeder 
Zweifel von vornherein ausgeschlossen sein muß.“ 
28. Oktober. In der gemeinschaftlichen Sitzung beider Kam- 
Europ. Geschichtskalender. Bd. XXXI. 18
	        
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