Serbien. (April 23.—Juni 2é6.) 297
Finanzen und provisorisch Kultus Vujitsch, Handel und Inneres
Tauschanowitsch, Justiz Advokat Gjorgjewitsch, Bauten Professor
Jossimowitsch.
23. April. Die Skuptschina nimmt in geheimer Sitzung die
Bedingungen an, unter welchen Rußland 100,000 Berdan-
Gewehre an Serbien abgibt.
26. April. Die Skuptschina nimmt einstimmig die durch die
Einführung der Nationalmiliz bedingten Abänderungen der
Heeresorganisation an.
13. Mai. Das Ministerium wird nunmehr kompletiert:
Tauschanowitsch übernimmt definitiv Handel und Ackerbau, Staats-
rat Nikolitsch Kultus und Unterricht, Staatsrat Giaja das Porte-
feuille des Innern.
Ende Mai. Der ehemalige Ministerpräsident Garaschanin
wird von der gegen ihn erhobenen Anklage freigesprochen.
Anfang Juni. Besuch König Milans in Belgrad.
10. Juni. Der „Pester Lloyd“ meldet die Existenz eines
geheimen an die Obmänner des radikalen Klubs gerichteten Wahl-
zirkulars Pasitschs, worin es heißt, daß der Zar die Reali-
sierung der serbischen Aspirationen unterstützen werde und daß be-
hufs Sanierung der Finanzen eine Reduktion der an das Ausland
zu zahlenden Zinsen vorgenommen werden solle.
Dagegen rekonstruiert sich auch die österreichisch gefinnte
Fortschrittspartei unter Führung Garaschanins.
11. Juni. Der „Agence de Belgrade“ zufolge übersendet die
serbische Regierung ihrem Gesandten in Wien behufs Mit-
teilung an den Grafen Kalnoky eine Note, die Erklärungen des
Grafen Kalnoky hätten die Regierung lebhaft betrübt.
Ihre wirtschaftlichen Maßnahmen bezweckten ausschließlich die Bes-
serung der Produktivkraft und der Staatsfinanzen Serbiens, keineswegs eine
Schwächung der freundschaftlichen Beziehungen zu der Rachbarmonarchie.
Die Haltung eines Teiles der serbischen Presse werde seitens der Regierung
verdammt, dieselbe könne aber kein Argument sein, um der radikalen Strö-
mung in Serbien feindselige Absichten gegen Oesterreich zuzuschreiben.
Uebrigens bleibe Serbien seinen früheren Erklärungen loyaler Freundschaft
gegenüber der Nachbarmonarchie getreu. Die Regierung könne nicht aner-
kennen, daß sie absichtlich oder unabsichtlich auch nur das mindeste begangen
habe, was geeignet wäre, die freundschaftliche Reziprozität zu beeinträchtigen.
26. Juni. König Milan greift bei einem Bankett in
öffentlicher Rede die Regierung mit Schärfe an. Der Rektor der
Belgrader Hochschule, Nikolajewitsch, welcher bei dem Bankett prä-
sidierte, wird infolge dessen pensioniert.