Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebenter Jahrgang. 1891. (32)

Bie Gesterreiczisch-Augarische Monarchie. (Dezember 17.—Ende.) 217 
das böhmische Volk hege keinen Haß gegen den Gesamtstaat. Wohin solle 
sich das böhmische Bolk wenden? Solle es etwa bei dem deutschen Nachbar 
oder im Nordosten Anschluß suchen? Der Enthusiasmus des böhmischen Volkes 
während des Besuches der Prager Ausstellung durch den Kaiser sei die beste 
Widerlegung der Rede Gregrs. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen.) 
17. Dezember. (Abgeordnetenhaus.) Finanzminister 
Dr. Steinbach bezeichnet die Ziffern in der gestrigen Rede des 
Abg. Gregr über die angebliche Steuerausbentung Böhmens, 
Mährens und Schlesiens durch den Staat als von seltener Unrich- 
tigkeit. Ein Blick in das gesegnete Böhmen genüge, um sich von 
der Unwahrheit der Redensarten „ausgepreßter Zitrone", „Vampyr= 
Armen“, „babylonischer Gefangenschaft“ zu überzeugen. Das agri- 
kole Musterland Böhmen mit seiner reichen Industrie sei wohl kein 
Objekt des Mitleids. (Große Heiterkeit und Beifall.) Der Minister 
schließt sich im Namen der Regierung auf das entschiedenste dem 
gestern durch den Prinzen Schwarzenberg kundgegebenen Ausdrucke 
der Entrüstung über die Beleidigung der patriotischen, dynastischen 
und österreichischen Gefühle an. Die Regierung nehme das böhmische 
Volk gegen die Beleidigung durch Gregr in Schutz. (Großer Beifall.) 
Palacky erklärt, Oesterreich müßte für die österreichischen Slaven 
erfunden werden, wenn es nicht bestände. (Beifall.) Gregr habe 
dem böhmischen Volke keinen Dienst geleistet, letzteres schulde ihm 
(Gregr) keinen Dank. (Lauter Beifall, große anhaltende Bewegung.) 
20. Dezember. Duell zwischen dem Minister Fejervary und 
dem Abgeordneten Ugron. 
23. Dez. Ernennung des Landgerichtsrats Grafen Kuenburg, 
Mitgliedes der deutschen Linken, zum Minister ohne Portefeuille. 
23. Dezember. (Pest.) Das Abgeordnetenhaus nimmt in 
dritter Lesung sämtliche Handelsverträge an. Der Minister- 
präsident Szapary teilt mit, sobald das Oberhaus die Handels- 
verträge angenommen habe, werde die Regierung die Auflösung 
des Reichstags vorschlagen, weil die Wahlbewegung schon im 
ganzen Lande im Zuge und daher eine ruhige Arbeit der Abge- 
ordneten unmöglich sei. Der Ministerpräsident beantragt, keine 
meritorischen Sitzungen mehr zu halten, sondern nur noch am 
4. Januar behufs Entgegennahme des Votums des Oberhauses 
betreffs der Handelsverträge zusammenzutreten. 
Ende Dezember. Der Professor der Nationalökonomie, Abg. 
v. Bilinski, Führer des Polenklubs, wird Generaldirektor des 
österreichischen Staatsbahnwesens an Stelle des Frhrn. v. Cezedik.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.