Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achter Jahrgang. 1892. (33)

Das Dentshhe Reiqh und seine einzelnen Glieder. (Januar 15.) 9 
§ 7. 
Die Volksschule hat drei 1nterrichtsstufen. 
Bei der Einrichtung der Voktelchulen sind die konfessionellen Verhält- 
nisse möglicht zu berücksichtigen. 
Der Regel nach soll ein Kind den Unterricht durch einen Lehrer 
seines Bekenntnisses empfangen. 
Soweit nicht an einem Ort bereits eine anderweite Schulverfassung 
besteht, sollen neue Volksschulen nur auf konfessioneller Grundlage einge- 
richtet werden. Die vorhandenen Volksschulen bleiben, vorbehaltlich ander- 
weiter Anordnung im einzelnen Falle (§ 6), in ihrer gegenwärtigen Ver- 
fassung bestehen. 
8 15. 
Wo die Zahl der Schulkinder einer vom Staat anerkannten Reli— 
gionsgesellschaft in einer Schule anderer Konfession über dreißig steigt, kann 
vorbehaltlich der Bestimmung des § 11 der Regierungs-Präsident bei Zu- 
stimmung der Gemeinde (Gutsbezirks, Schulverbands) die Errichtung einer 
besonderen Volksschule für dieselben anordnen. 
Die gleiche Anordnung hat zu erfolgen, wenn die Zahl über 
sechzig steigt. 
Die versagte Zustimmung kann bei ländlichen Schulbezirken durch 
den Kreisausschuß, bei städtischen Schulbezirken durch den Bezirksausschuß 
ergänzt werden. 
§ 17. 
Ohne den Religionsunterricht durch einen Lehrer seines Bekenntnisses 
soll grundsätzlich kein Kind bleiben, welches einer vom Staat anerkannten 
Religionsgesellschaft angehört. 
Sind Kinder verschiedener vom Staat anerkannter Religionsgesell- 
schaften in einer Volksschule vereinigt, so ist möglichst für die Angehörigen 
einer jeden von ihnen ein besonderer Religionsunterricht einzurichten, wenn 
ihre Zahl fünfzehn übersteigt. 
Kinder, welche nicht einer vom Staat anerkannten Religionsgesell- 
schaft angehören, nehmen an dem Religionsunterrichte der Schule teil, so- 
fern sie nicht seitens des Regierungs-Präsidenten hiervon befreit werden. 
Diese Befreiung muß erfolgen, wenn seitens der zuständigen Organe der 
betreffenden Religionsgesellschaft ein bezüglicher Antrag gestellt und der Nach- 
weis erbracht wird, daß den Kindern in der ihrem Bekenntnisstande ent- 
sprechenden Form und durch einen nach der Lehre ihres Bekenntnisses vor- 
gebildeten, auch im übrigen befähigten Lehrer Religionsunterricht erteilt wird. 
An konfessionell eingerichteten Schulen dürfen nur Lehrer der betref- 
fenden Konfession beschäftigt werden. Diese Vorschrift findet auf den für 
die Kinder einer anderen Konfession anzustellenden Religionslehrer keine An- 
wendung. Letzterem kann, wenn die Beschaffung der Lehrkräfte mit erheb- 
lichen Schwierigkeiten und Kosten verbunden ist, ausnahmsweise nach An- 
hörung des Schulvorstandes die Erteilung anderer, religiösen Fragen fern- 
stehender Lehrstunden übertragen werden. 
8 18. 
Den Religionsunterricht in der Volksschule leiten die betreffenden 
Religionsgesellschaften. 
Mit Erteilung des Religionsunterrichts dürfen nur solche Lehrer be— 
auftragt werden, welche sich im Besitz eines die Befähigung zur Erteilung 
des Religionsunterrichts aussprechenden Lehramtszeugnisses befinden. 
Der von den betreffenden Religionsgesellschaften mit der Leitung des 
Religionsunterrichts beauftragte Geistliche oder Religionslehrer hat das Recht,
	        
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