Bie Oesterreithish·-Angarishe Menarthie. (Juni 4. - 14.) 215
4. Juni. Der Kaiser reist nach Pest.
4. Juni (Pest.) Ministerkrifis.
Graf Khuen-Hédervary berichtet nach vergeblichen Versuchen, ein
Kabinet zu bilden, dem Kaiser, seine Mission sei gescheitert und er lege
seine Aufgabe in die Hände des Monarchen zurück.
5. Juni. (Pest.) Der Kaiser empfängt Wekerle, der
wieder mit der Kabinetsbildung betraut wird.
5. Juni. (Wien.) Valutavorlage. Vertagung des Reichsrats.
Das Herrenhaus nimmt die Valutavorlage in 3. Lesung an,
worauf Ministerpräsident Fürst Windischgrätz den Reichsrat vertagt.
5. Juni. (Lemberg.) Galizische Landesausstellung.
Eröffnung der galizischen Landesausstellung durch Erzherzog
Karl Ludwig in Vertretung des Kaisers. Der Präfident des Ausstellungs-
komitees Fürst Sapieha betont in der Eröffnungsrede, daß sich Ruthenen
und Polen in gleicher Weise an der Ausstellung beteiligt hätten.
6. Juni. Pest wählt Wekerle zum Ehrenbürger.
9. Juni. (Pest.) Beendigung der Ministerkrifis.
Nach mehrtägigen Verhandlungen zwischen dem Kaiser und Wekerle
kommt folgendes Kabinet zustande: Wekerle Präsidium und Finanzen,
Szilagyi Justiz, Hieronymi Inneres, Lukacs Handel, Baron Lorant Eoetvoes
Kultus und Unterricht, Fejerväry Landesverteidigung und provisorisch Acker-
bau, Graf Julius Andrassy Minister a latere, Josipovich, kroatischer Mi-
nister ohne Portefeuille. Neue Mitglieder sind Andrassy (Sohn des früheren
Ministers des Ausw.) und Eoetvoes.
Die Lösung der Krisis verzögerte sich, weil der Kaiser die Ent-
lassung des Justizministers Szilagyi, der sich am schroffsten gegen das
Oberhaus ausgesprochen hatte, verlangte, Wekerle aber gedrängt von der
liberalen Partei auf Beibehaltung Szilagyis, der gerade dadurch an Popu-
larität gewonnen hatte, bestand.
11. Juni. Der Kaiser nach formeller Genehmigung des
Kabinets nach Wien.
12. Juni. (Pest.) Erklärung Wekerles im Parlament.
Im Abgeordnetenhause erklärt Wekerle, der Grund seiner
Demission sei die Verweigerung des Pairsschubs gewesen. Die Krone halte
aber die Ehegesetzreform ebenfalls für notwendig und deshalb sei auf ein
Nachgeben der Magnaten zu hoffen. Infolge dieser Vertrauenskundgebung
der Krone habe er die Regierung ohne die verlangten Garantien, die nun
vermutlich nicht mehr notwendig seien, übernommen. Abg. Graf Apponyi
erklärt, der Regierung kein Vertrauen entgegen bringen zu können, während
Abg. Eroetvoes (Unabhängigkeitspartei) infolge der Haltung der Minister
während der Krisis Vertrauen zu ihnen gewonnen hat. Abg. Ugron tadelt
das Hineinziehen der Krone in die Debatte und fragt an, warum die libe-
rale Partei Szilagyi gehalten und ein Kabinet Khuen-Hédervary
verhindert habe. Wekerle lehnt darüber eine Erklärung ab.
rei Im Oberhause gibt Wekerle dieselbe Erklärung über die Minister-
rifis ab.
14. Juni. (Mähren.) In mährischen Bergwerken werden
durch schlagende Wetter über 200 Bergleute getötet.