222 Sie Gesterreicisch= Augerische Merartie. (September 14.)
Vorsitzender der österreichischen wird Frhr. v. Chlumecky, der un-
garischen Graf Ludwig Tisza.
Chlumecky spricht in seiner Eröffnungsrede die Ueberzeugung aus,
die Delegation werde die Vorlagen mit aller Genauigkeit, Gewissenhaftig-
keit und patriotischer Opferwilligkeit, aber auch mit tiefer Bedachtnahme
auf die Leistungsfähigkeit der Bevölkerung und das Gleichgewicht im Staats-
haushalte behandeln. Der Friede sei zwar gesichert, aber an Abrüstung
könne man nicht denken.
Tisza führt in seiner Ansprache aus, nebst dem Dreibund biete eine
Garantie für die Erhaltung des Friedens die volle Kriegstüchtigkeit der
Verbündeten, somit auch die der österreichisch-ungarischen Monarchie. Aber
auch die Erhaltung des inneren Friedens sei notwendig; derselbe wiege gute
Beziehungen mit den Nachbarstaaten auf. Indem Ungarn alle zur Er-
haltung der Großmachtstellung nötigen Mittel zur Verfügung stelle, erwarte
es, daß die Monarchie auch ihr ganzes Ansehen in die Wagschale legen
werde gegen unbefugte äußere Einmengungen, deren Duldung den inneren
Frieden stören könnte. Die Gewähr hierfür biete der König von Ungarn,
der die Integrität der Gebiete der Stefanskrone zu wahren für seine hei-
lige Pflicht halte.
14. September. (Pest.) Delegationen. Budget.
Der den Delegationen vorgelegte gemeinsame Staatsvoranschlag für
1895 weist ein Gesamterfordernis von 149,379,913 fl., gegen das Vorjahr
also ein Mehrerfordernis von 4,131,413 fl. auf. Hiervon gehen an Zoll-
überschüssen 47,539,720 fl., gegen das Vorjahr höher veranschlagt um 3,169,540
Gulden ab, dazu kommt ein Mehrerfordernis für die Truppen des Okku-
pationsgebietes von 3,582,000 fl. (gegen das Vorjahr Mindererfordernis
28,000 fl.). Speziell beantragen der Minister des Aeußeren 3,684,500 fl.,
das Kriegsministerium 143,553,388 fl., gegen das Vorjahr mehr um 4,071,580
Gulden. Das Heeresordinarium zeigt ein Mehrerfordernis von 3,618,693 fl.,
das Extraordinarium ein Mindererfordernis von 50,693 fl., das Marine-
ordinarium ein Mehrerfordernis von 214,380 fl., das Extraordinarium eine
Mehrforderung von 289,200 fl. Die Gebahrungsrechnung für 1893 weist
einen endgültigen Mehreingang an Zollüberschüssen von 12,673,291 fl., die
Schlußrechnung für 1892 einen günstigeren Erfolg um 3,857,120 fl. auf. Das
Mehrerfordernis des Heeresordinariums ist veranlaßt durch die im vorigen
Jahr beschlossenen Erhöhungen des Bestandes, durch die weitere Vermehrung
des Offizierstandes zur Sicherung des notwendigsten Bedarfs im Kriege,
durch weitere Verstärkungen des Mannschafts= und Pferdebestandes, durch
Maßnahmen zur Erleichterung der Mobilisierung, durch die Formierung
der 16 Tiroler Jägerbataillone in 4 Regimenter und durch die Fortführung
der Reorganisation der Pioniertruppe. Größere Beträge des Mehrerforder-
nisses entfallen ferner auf die Naturalverpflegung und Begünstigung. Im
Extraordinarium erscheinen die Gesamtkosten der Einführung der rauchlosen
Patronen infolge der Preissteigerung wie infolge der Erweiterung der
Blumauer Fabrik und des Ankaufs einer Nitrocellulosefabrik um beiläufig
zwei Millionen vermehrt. Für Fortifikationen sind 1,975,000 fl. eingestellt.
Die für die Verbesserung des galizischen Barackenlagers vorgesehene Rate
wird wegen des fortschreitenden Verfalls der Baracken und wegen der Not-
wendigkeit, größeren Kalamitäten zuvorzukommen, gefordert. — Das Mehr-
erfordernis des Marineministeriums ist hauptsächlich veranlaßt durch die
Kosten für ein drittes Missionsschiff. Im Marine-Extraordinarium erscheint
die erste Rate für sechs neue Torpedobote, deren Gesamtkosten auf 1,080,000 fl.
veranschlagt sind.