288 Felgien. (Januar 10.—Juli 15.)
10./15. Januar. (Brüssel.) Ministerkrisis.
Da ein Teil der klerikalen Partei unter Führung des Abg. Woeste
die Vertretung der Minderheiten aus der Wahlreform streichen will, gibt
der Ministerpräsident Beernaert seine Entlassung. (10. Jan.) Nach mehr-
tägigen Verhandlungen erklären sich die Klerikalen zur Beratung über diesen
Punkt bereit, und Beernaert zieht sein Demissionsgesuch zurück. (15. Jan.)
18. März. (Brüssel.) Ministerwechsel.
Die Sektionen der Kammer sprechen sich gegen die Minderheits-
vertretung aus. Infolgedessen tritt Beernaert zurück und wird Ende März
durch de Burlet ersetzt.
28. März. (Quaregnon.) Der Kongreß der belgischen
Sozialisten beschließt, die Beseitigung der Monarchie in sein Partei-
programm aufzunehmen.
3. April. Die Regierung zieht den Gesetzentwurf über die
proportionelle Vertretung zurück und kündigt die Einführung von
Getreidezöllen an.
5. Mai. (Antwerpen.) Eröffnung der Internationalen
Ausstellung.
16. Mai. (Brüssel.) Belgien und der Kongostaat.
Eine Versammlung der Aktionäre der Kongoeisenbahn genehmigt das
Abkommen mit der belgischen Regierung, wonach diese Aktien im Betrage
von 10 Millionen zeichnet. Die Regierung reserviert sich das Recht, die
Konzession binnen 10 Jahren zurückzukaufen.
Mai. (Lüttich.) Verhaftung von Anarchisten, die einer
internationalen Vereinigung angehören.
28. Mai. (Brüssel.) Vermählung des Prinzen Karl von
Hohenzollern mit der Prinzessin Josefine von Belgien.
6. Juni. (Brüssel.) Wahlgesetz.
Die Kammer nimmt das Wahlgesetz mit 70 gegen 44 Stimmen an,
der Senat am 27. Juni. Die Verfassungsrevision ist damit beendet.
1,370,687 Belgier von mindestens 25 Jahren haben das Stimmrecht
zur Erwählung der Repräsentantenkammer. 833,628 besitzen eine Stimme,
293,678 zwei, 223,381 drei Stimmen. Die Gesamtheit der Stimmen be-
trägt 2,111,127. Das Mindestalter der Senatswähler ist 30 Jahre, daher
nur 1,158,714 Belgier über die Zusammensetzung der höheren Kammer zu
entscheiden haben; von diesen besitzen 647,778 eine Stimme, 285,862 sind
zweifache, 215,174 dreifache Wähler. Im ganzen beläuft sich die Zahl der
Stimmen auf 1,874,924.
1. Juli. (Brüssel.) Ein liberaler Kongreß beschließt, auf
ein Wahlbündnis aller antiklerikalen Parteien hinzuarbeiten.
Anf. Juli. Cholerafälle in Lüttich.
15. Juli. (Brüssel.) Wahlbewegung.
Eine sozialistische Delegiertenversammlung beschließt nur mit solchen
Parteien, die sich zum sozialistischen Programm d. h. Kollektivismus und
Republik bekennen, ein Wahlbündnis einzugehen.