Serbien. (April 29. — Dezember 10.) 309
im Handelsministerium Jowanowitsch Handel, Kassationsrat Andonovitsch
Justiz, Bautenminister Zdrakowitsch, sowie Kriegsminister General Pavlo-
witsch behalten ihre Portefeuilles.
29. April. Rehabilitierung der königlichen Eltern.
Der König erläßt einen Ukas, durch den seine Eltern in ihre früheren
Rechte wieder eingesetzt werden. Die Radikalen opponieren dagegen; Minister-
präfident Nikolajewitsch verbietet jede Kritik des Ukases in öffentlichen An-
sammlungen.
17. Mai. (Belgrad.) Der Kassationshof erklärt den Ukas
vom 29. April für nichtig.
21. Mai. Aufhebung der Verfassung.
In einer Proklamation an das serbische Volk suspendiert der König
die Verfassung vom 22. Dezember 1888 und ruft die vom 29. Juni 1869
wieder ins Leben. Ferner werden alle mit der Verfassung im Widerspruch
stehenden Gesetze betreffs der Presse und der Gemeindewahlen abgeschafft.
Die früheren aus der Verfassung vom Jahre 1869 hervorgegangenen Ge-
setze find wieder in Kraft gesetzt. Präsident des durch den Ukas neuernannten
Staatsrates wird der frühere Ministerpräsident Nikola Christitsch, Vize-
präfident der ehemalige Minister Welikowitsch. Der Kassationshof wird ge-
bildet unter dem Vorsitz des bisherigen Präsidenten des Appellationsgerichts,
wepowich. und der Rechnungshof unter dem Vorsitz Georg Stefano-
witschs.
Die Proklamation erklärt, durch die während der Minderjährig-
keit erlassenen Gesetze, die wmit der Verfassung in Widerspruch ständen und
nur den Parteileidenschaften dienen sollten, sei eine geordnete Regierung
unmöglich gemacht. Wenn die Leidenschaften beruhigt und die Ordnung
wieder hergestellt sei, solle eine neue Verfassung ausgearbeitet werden.
29. Mai. (Belgrad.)
Ein königlicher Ukas suspendiert wegen großer Gefahr für die Sicher-
heit des Landes die Thätigkeit der Untersuchungsrichter für Uebertretungen
und überträgt dieselbe den Polizeibehörden, und stellt den Wirkungskreis
der Präfekturen nach der alten Organisation von 1839 wieder her.
23. Juni. Der König reist nach Konstantinopel.
Juni— September. Parteibewegung.
Die Liberalen treten immer mehr zur Oppofition über, während sich
unter den Radikalen die Tendenz, mit dem Hofe wieder Fühlung zu suchen,
bemerkbar macht.
13.—22. Oktober. Der König in Österreich-Ungarn und
Deutschland.
27. Oktober. Ministerwechsel.
Nikola Christitsch übernimmt das Präsidium und das Innere, Milan
Bogitschewitsch das Aeußere, General Zdrawkowitsch die öffentlichen Bauten,
Petrowitsch die Finanzen, Michael Giorgiewitsch die Justiz und in Ver-
tretung den Kultus, General Pawlowitsch das Kriegs= und Sima Lozanitsch
das Handelsdepartement.
14. November. Der König reist nach Petersburg zur Bei-
setzung Alexanders III.
10. Dezember. (Semlin.) Beginn des Prozesses Tschebinatz.