Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Elfter Jahrgang. 1895. (36)

226 Nie Gesterreichisch-Angerische Menarchie. (Juli 18.— eptember 11.) 
Cilli Verwahrung eingelegt und die bestimmte Erwartung ausgesprochen 
wird, daß die vereinigte deutsche Linke in der dritten Lesung gegen das 
Budget stimmen werde. 
18. Juli. (Wien.) Das Abgeordnetenhaus genehmigt mit 
großer Mehrheit definitiv den gesamten Civilprozeßentwurf. 
19. Juli. (Wien.) Abgeordnetenhaus. Annahme des Bud- 
gets und des Finanzgesetzes. 
Bei der Schlußberatung über das Finanzgesetz erklärt Lueger im 
Namen der Antisemiten, wegen Cilli und wegen des bevorstehenden Aus- 
gleichs mit Ungarn gegen das Budget zu stimmen; wegen Cilli erklärte 
auch Bareuther namens der Deutschnationalen und Kraus namens der 
keinem Klub angehörenden steirischen Abgeordneten, gegen das Budget zu 
stimmen. Graf Rhuenburg: Die vereinigte deutsche Linke wahre stets 
gewissenhaft die nationalen Interessen und werde der Folgen unbeschadet 
auch weiterhin ihre nationale Pflicht erfüllen; aber die Ablehnung des 
Budgetgesetzes in dritter Lesung sei der gegenwärtigen provisorischen Regie- 
rung gegenüber ewas Untergeordnetes und würde die Errichtung slovenischer 
Parallelklassen in Cilli nicht verhindern, deshalb werde er und die Mehr- 
zahl seiner Parteigenossen für das Budget stimmen. Budget und Finanz- 
esetz werden mit großer Mehrheit angenommen; von der deutschen Linken 
timmen 17 dagegen, 28 fehlen. 
25. Juli. (Wien.) Das Herrenhaus genehmigt das Budget, 
und hierauf wird der Reichsrat vertagt. 
5. August. (Ischl.) Zusammenkunft des Kaiserpaares mit 
dem König und der Königin von Rumänien. Anwesend ist ferner 
der Minister des Auswärtigen Graf Goluchowski. 
10. August. (Pest.) Nationalitätenkongreß. 
Vertreter der Rumänen, Slovaken und Serben vereinbaren einen 
Programmentwurf mit folgenden Hauptforderungen: Wahrung der Unver- 
sehrtheit des Landes, dem jedoch ein Volk nicht das Gepräge geben dürfe; 
einen Bund zwischen Slovaken, Rumänen und Serben unter Aufrechterhal- 
tung des bisherigen Programmes; nationale Selbstverwaltung im Rahmen 
der Komitatseinteilung; Reform des Nationalitäten= und des Wahlgesetzes; 
Abänderung der kirchenpolitischen Gesetze; Aufklärung der europäischen Presse. 
(Vgl. Mille: La question des nationalités en Hongrie. Rev. polit, et 
parlam. II, 12.) 
1. September. Der Kaiser reist zu den Manövern nach Böhmen, 
am 8. nach Pommern (vgl. S. 181), Rückkehr nach Wien am 14. Sep- 
tember. 
11. September. Der Kaiser ernennt den deutschen Kaiser 
zum General der Kavallerie durch folgendes Handschreiben: 
„Euer Kaiserliche und Königliche Majestät haben mir durch die Ein- 
ladung zu den Manbvern Ihrer Armee eine große Freude bereitet. Sie 
war mir vor allem willkommen als ein wiederholter Beweis der mir und 
meinem Heere so wertvollen freundschaftlichen Gesinnung Euerer Kaiserlichen 
und Königlichen Majestät. Als besondere Auszeichnung habe ich es em- 
pfunden, neuerdings in der Mitte Euerer Kaiserlichen und Königlichen
	        
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