Frankreich. (Juli 28.—Oktober 2.) 259
Der Ordensrat der Ehrenlegion legt sein Amt nieder. Die Kammer
hatte am 16. ihr Bedauern ausgesprochen, daß die Dekorierung Eiffels
aufrecht erhalten sei, und die Regierung aufgefordert, ein Gesetz zur Um-
gestaltung dieses Rats einzubringen.
28. Juli. In den Generalratswahlen erringen die Republi-
kaner einen entschiedenen Sieg über die Royalisten und Sozialisten.
Juli. August. Frankreich und Deutschland. Erinnerung
an 1870.
Die franzöfische Presse polemisiert heftig gegen die Siegesfeiern in
Deutschland, nur wenige Blätter wie der „Matin“ bringen versäöhnliche
Artikel. Der „Matin“ veröffentlicht eine Enquete über die Stimmung in
den Reichslanden, worin ausgeführt wird, daß Elsaß-Lothringen keine
Aenderung des bestehenden Zustandes wünsche. Das Blatt wird deshalb
vom „Soir“", „Libre Parole“, „France" scharf angegriffen.
Juli. August. Nachrichten aus Madagaskar.
Aus Madagaskar kommen ungünstige Nachrichten über den Gesund-
heitszustand der Truppen, die viel an Dysenterie leiden. In der Presse
werden schwere Vorwürfe laut gegen die Regierung, die den Feldzug mangel-
haft vorbereitet, insbesondere das Transportwesen vernachlässigt habe. Der
„Temps“ tritt diesen Angriffen, die namentlich dem früheren Kriegsminister
Mercier gelten, entgegen.
23. August. Der König von Serbien besucht Paris.
18. September. Ankunft des Königs der Belgier in Paris.
19. September. (Mirecourt.) Präsident Faure nimmt eine
große Parade ab, der das Ministerium sowie der russische Minister
des Auswärtigen Fürst Lobanow und der russische General Dra-
gomirow beiwohnen.
28. September. Prof. Pasteur in Garches (Arrondiss. Ver-
sailles) f.
30. September. General Duchesne erobert Tananarivo.
Die Nachricht wird mit Jubel ausgenommen.
1. Oktober. General Duchesne schließt mit der Königin von
Madagaskar einen Vertrag, der Frankreich die Schutzherrschaft über
Madagaskar einräumt.
2. Oktober. Staat und Kirche.
Das Diözesan-Blatt publiziert ein Schreiben des Erzbischofs von
Paris an den Präsidenten der Republik, worin er den dringenden Wunsch
ausspricht, die Anfallsteuer (d. h. eine Zusatzsteuer für Erbschaften der „koten
Hand“) möge entsprechend den Forderungen der Gesetzlichkeit und Gleichheit
abgeändert werden. Angesichts des Kampfes gegen die Kirche und das
Christentum hielten die Bischöfe es für ihre Pflicht, auf die Gefahren auf-
merksam zu machen, welche das Land durch den Atheismus der Landesgesetze
bedrohen, und auf die umstürzlerischen Leidenschaften, welche in der Menge
ähren und keinen moralischen Damm mehr vorfinden. Das Schreiben wird
in der Presse scharf kritisiert.
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