Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Elfter Jahrgang. 1895. (36)

308 Aukralien und Jüdfee. (Januar—Mai.) 
XXI. 
Anstralien und Südsee. 
Januar. Februar. Die Frage der Verbindung der austra- 
lischen Kolonien. 
Ueber diese Angelegenheit schreibt die „Köln. Ztg.“: Die Ver- 
bindungsfrage scheint jetzt endlich, nachdem sie 10 Jahre auf der Tages- 
ordnung gestanden, sich einer praktischen Lösung zu nähern; doch handeln 
die Kolonieen nur der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe. Das 
Wasser reicht den meisten bereits bis zum Munde — in Biktoria beträgt 
der Fehlbetrag 37, in Neufsüdwales 27 Millionen Mark trotz aller Zoll- 
und Frachterhöhungen, der Entlassung von Lehrern und Schließung von 
Schulen, der Herabsetzung der Beamtengehälter u. s. w,; an Staatsschulden 
kommen auf den Kopf der Bevölkerung bereits in Neusüdwales 960, in 
Südaustralien 1300, in Queensland fast 1500 „1, so daß ein Viertel bis 
ein Drittel aller Staatseinkünfte an Zinsen gezahlt werden muß. Die Be- 
völkerung geht an Zahl zurück (z. B. in Melbourne), die Heiraten ver- 
mindern sich (z. Viktoria von 8,48 in 1888 auf 5.98 % 0 in 1893), die 
Einwanderung ist kaum nennenswert. Durch Vereinfachung der Verwaltung 
nun können mindestens 30 Millionen Mark jährlich gespart werden, und 
so sehr sich einzelne Regierungen und die zahllosen Aemterjäger auch sträuben 
— das Volk von Australien fordert jetzt nachdrücklich eine Aenderung des 
gegenwärtigen Zustandes. In Sydney ist dieser Tage eine „australische 
Bundesliga“ ins Leben getreten, die bereits ein eigenes Organ besitzt; das 
Parlament hat die Notwendigkeit der Verbündung mit 50 gegen 10 Stimmen 
bejaht und für Januar ist eine Zusammenkunft der Premierminister sämt- 
licher Kolonieen in Hobart (Tasmanien), wo soeben die „internationale 
Ausstellung“ eröffnet worden ist, geplant; Neuseeland allein schließt sich 
aus, und Queenslands Premier, Nelson, zögert noch, wird aber durch das 
Parlament zur Zustimmung gezwungen werden. Aufßer den staatswirtschaft- 
lichen Rücksichten wirkt auch die Ueberzeugung bestimmend, daß Australien 
im Kriegsfalle völlig wehrlos sei; General Tulloch, der während der letzten 
fünf Jahre die viktorianischen Milizen befehligte, führte letzthin aus, daß 
von den 14 Schiffen, die das australische Geschwader zählte, im Ernstfalle 
höchstens 6 wirklich kriegsfähig seien; die Artilleriekorps der einzelnen Kolonien 
sind ohne Zusammenhang und stehen keineswegs auf der Höhe moderner 
Technik. Wie die Verhältnisse gegenwärtig liegen, ist an der endlichen 
Lösung der Verbündungsfrage jetzt kaum mehr zu zweifeln, und mit ihr 
wird für den fünften Erdteil eine neue Aera beginnen. 
Der Kongreß der Premierminister beschließt, daß jede Kolonie einen 
Ausschuß zur Vorberatung der Bundesverfassung wählen soll, die dann der 
englischen Regierung vorgelegt werden soll (6. Febr.). 
Januar. (Neusüdwales.) Niederlage der Schutzzöllner bei 
den Wahlen. 
Januar. (Hawaii.) Royalistischer Aufstand. 
Der Aufstand wird rasch niedergeschlagen, die Rädelsführer verhaftet 
und vor ein Kriegsgericht gestellt. Die Exkönigin Liliuoakalani wird der 
Mitschuld angeklagt und zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt (24. Febr.), aber 
später begnadigt. 
Mai. Aufstand in Samoa. 
 
	        
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