30 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jannar 27.—Ende.)
mungen vorbehalte, freue Ich Mich, dem Magistrat und den Stadtverord-
neten hiervon an Meinem heutigen Geburtstag Kenntnis zu geben.
Berlin, den 27. Januar 1895.
Wilhelm R.
An den Magistrat und die Stadtverordneten zu Berlin.
Zu Meiner Freude habe Ich in letzter Zeit mehrfach Gelegenheit
gehabt, wahrzunehmen, wie die Deutschen Männergesangvereine bestrebt
sind, den vaterländischen Gesang zu pflegen und zu fördern. Eingedenk
dessen, daß Deutsches Lied und Deutscher Sang alle Zeit auf die Veredelung
der Volksseele einen segensreichen Einfluß geübt nud die Nation in der
Treue gegen Gott, Thron, Vaterland und Familie gestärkt haben, wünsche
Ich am heutigen Tage Meiner warmen Teilnahme an diesen Bestrebungen
besonderen Ausdruck zu geben. Zu dem Ende will Ich hierdurch einen
Wanderpreis stiften, welcher bei einem etwa jährlich zu veranstaltenden
Wettstreite Deutscher Männergesangvereine dem jedesmaligen Sieger für
die beste Leistung auf diesem Gebiete zuerkannt werden soll. Der Preis soll.
in Form eines Kleinodes aus edlem Metall hergestellt und bei feierlichen
Gelegenheiten um den Hals getragen werden. Wegen der näheren Bestim-
mungen über die Veranstaltung des Wettbewerbes und die Verleihung des
Ehrenpreises sehe Ich Ihren Vorschlägen alsbald entgegen.
Berlin, den 27. Januar 1895.
Wilhelm R.
An den Minister der geistlichen ect. Angelegenheiten.
Nachdem der von Mir zur Hebung des Rudersports an den höheren
Lehranstalten Berlins gestiftete Wanderpreis, bestehend in einer filbernen
altgotischen Kanne, nunmehr fertiggestellt worden ist, lasse Jch Ihnen den-
selben hierneben zugehen. Um den bei den Schülerregatten interessierten
Kreisen Gelegenheit zur Besichtigung des Preises zu geben, wünsche Ich,
daß derselbe einige Zeit im Kunstgewerbe-Museum ausgestellt werde. Zu-
gleich veranlasse Ich Sie, Mir wegen der näheren Bestimmungen für das
diesjährige Wettrudern demnächst Vorschläge zu machen.
Berlin, den 27. Januar 1895.
Wilhelm R.
An den Minister der geistlichen ect. Angelegenheiten.
27. Januar. Dienstpflicht der Volksschullehrer.
Der Kaiser erklärt in einem Erlasse an den Kriegsminister, daß die
militärische Ausbildung der Volksschullehrer durchaus ungenügend sei und
bestimmt, „daß die Einübung mit den Waffen auf einen vollen Jahres-
kursus ausgedehnt und so gestaltet werde, daß die Heranbildung der Volks-
schullehrer und Kandidaten des Volksschulamtes soweit als thunlich zu
brauchbaren Unteroffizieren erfolgt.“
Ende Januar. Konflikt Stumm-Wagner anläßlich der
Umsturzvorlage.
Die Angriffe Stumms auf die Berliner Professoren der National=
ökonomie im Reichstage (S. 2) hatte Prof. Wagner in einer Berliner
Volksversammlubg als leichtfertige Verleumdung bezeichnet. Von Abg.
Stumm zur Zurücknahme dieser Bezeichnung oder zum Zweikampfe au.
gefordert, verlangte Prof. Wagner ohne das Duell unbedingt abzulehnen,
Untersuchung des Streitfalles durch ein Ehrengericht, was Abg. v. Stumm
zurückwies. (VBgl. Wagner, Mein Konflikt mit dem Frhrn. v. Stumm in
der Wochenschrift „Zukunft“ 1895 Febr. März. Ferner „Preuß. Jahrb.“
Bd. 80 S. 167).