202 Die Oesfeerreithhisch-Angarische Menarthhie. (Oktober 26. — 28.)
die Anträge der deutschen Parteien, den Ministerpräsidenten wegen
der Vorgänge in Eger am 11. Juli in Anklagezustand zu versetzen,
mit 172 gegen 145 Stimmen zur Tagesordnung über.
26. Oktober. (Wien.) Das Exekutivkomitee der Rechten des
Abgeordnetenhauses veröffentlicht folgende Erklärung:
Bezüglich der Verhandlung, betreffend den Antrag Diopauli hält
das Exekutivkomitee der Rechten für seine Pflicht, zu konstatieren, daß es
bereit sei, für den Antrag Dipauli zu stimmen und diesen, sowie die übrigen
Sprachenanträge einem zu wählenden Ausschusse zuzuweisen. Nur bezüglch
des Zeitpunktes der Beratung des Autrages Dipauli glaubten die Parteien
der Nechten mit Rücksicht auf die eminente Staatsnotwendigkeit wenigstens
die erste Lesung des Ausgleichsprovisoriums ohne Obstruktion vor dem An-
trag Dipauli verlangen zu müssen.
26. Oktober. 12. November. (Wien.) Abgeordnetenhaus.
Präsidentenwahl.
Der erste Präsident Dr. Kathrein (kath. Volksp.) legt sein Amt
nieder. Allgemein wird angenommen, daß er als Deutscher nicht die Hand
zur Unterdrückung der deutschen Opposition bieten wollte. Die Majorität
bietet das Präsidium Dr. Ebenhoch (kath. Volksp.) an, der es ausschlägt,
da ein Teil seiner Partei die Annahme nicht wünsche. Es wird daher der
erste Bizepräsident Abrahamovicz (Pole) gewählt, erster Bizepräsident
wird Kramarz (Jungtsch.), zweiter Bizepräsident Fuchs (kath. Volksp.).
28. Oktober. (Wien.) Abgeordnetenhaus. Einführung von
Abendsitzungen.
Abg. v. Jaworski (Pole) beantragt, täglich Abendsitzungen abzu-
halten, ausschließlich behufs Vornahme der ersten Lesung des Ausgleichs-
provisoriums. Die deutsche Opposition bekämpft den Vorschlag als wider
die Geschäftsordnung, da diese vorschreibe, die Tagesordnung von Sitzung
zu Sitzung zu bestimmen. Dr. Lueger (christl.-soz) schlägt vor, den An-
trag Jaworskis in zwei Teile zu zerlegen, nämlich in die Feststellung der
Tagesordnung für die nächstfolgende Sitzung und in die Feststellung der
Tagesordnung für die zweite, dritte und die weiter folgenden Sitzungen.
Rücksichtlich des Antrages bezüglich der nächsten Sitzung beantragt Dr. Lueger
die namentliche Abstimmung. Bei Vornahme derselben entfernen sich sämt-
liche deutsche Parteien mit Ausnahme der Christlich-Sozialen und der Kath.
Volkspartei aus dem Saale. Der Antrag wird gegen die Stimmen der
Christlich-Sozialen angenommen.
28./29. Oktober. (Wien.) Abgeordnetenhaus. 33stündige
Sitzung; 12stündige Rede Lechers gegen das Ausgleichsprovisorium.
Am 28. morgens und nachmittags wird über die Anträge der Linken
auf Verfolgung der Minister beraten. Nach einer kurzen Pause wird die
Sitzung fortgesetzt und über das Ausgleichsprovisorium debattiert. Die
Rechte hatte beschlossen, die Beendigung der ersten Lesung des Ausgleichs-
provisoriums zu erzwingen; sie rechnete dabei auf die Ermüdung der
Opposition infolge der langen Tagessitzung. Abends ¾49 Uhr erhält
Dr. Lecher das Wort gegen den Ausgleich und spricht ununterbrochen
— ausgenommen eine Pause von 5 Minuten — bis ¾9 Uhr morgens.
Hierauf wird, um der Dienerschaft Erholung zu gönnen, die Sitzung in
eine geheime umgewandelt, die bis 5½ Uhr nachmittags dauert und dann