Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreizehnter Jahrgang. 1897. (38)

220 Jie Gesterreichisc-Augarische Menarchie. (Dezember 10.—22.) 
Beseitigung der Sprachenverordnungen, Annullierung der lex Falkenhayn, 
Entfernung des Präsidiums. 
10. Dezember. (Pest.) Magyarisierung von Orts= und 
Gemeinde-Namen Siebenbürgens. 
Das Abgeordnetenhaus genehmigt gegen die Stimmen der sächsischen 
Abgeordneten einen Gesetzentwurf auf Magyarisierung der Orts= und Ge- 
meindenamen. Die neuen magyarischen Namen sollen auch in Schul= und 
sonstigen Lehrbüchern angewendet werden. — Die Vorlage erregt in allen 
nichtmagyarischen Nationalitäten große Erbitterung; so hat sich am 30. Nov. 
eine große sächsische Wählerversammlung in Hermannstadt dagegen erklärt. 
Einige sächsische Abgeordnete treten aus der Regierungspartei aus. — Das 
Magnatenhaus stimmt am 21. Dezember zu. 
12. Dezember. (Wien.) Ein großer deutscher Volkstag, wo 
Abgeordnete aller deutscher Oppositionsparteien sprechen, spricht sich 
für weiteres Zusammengehen der deutschen Parteien aus. 
12. Dezember. (Krakau.) Es findet ein Verbrüderungsfest 
zwischen tschechischen und polnischen Reichsratsabgeordneten statt. 
Die Versammlung richtet eine Sympathiekundgebung an Dr. Eben- 
hoch als den Vorstand der einzig wahren deutschen Partei. 
17. Dezember. (Cisleithanien.) Zum Minister für Gali- 
zien wird Frhr. v. Loebl ernannt. 
19. Dezember. (Prag.) Vertrauensmännertag der Jung- 
tschechen. 
Es werden folgende Beschlüsse gefaßt: Die Jungtschechen beharren 
bei der vollen Gleichberechtigung der Tschechen in Böhmen, Mähren und 
Schlesien. Die Jungtschechen halten mit Rücksicht auf die Hetzagitation 
gegen das Tschechenvolk, namentlich gegen Prag, den gegenwärtigen Augen- 
blick zu Berhandlungen über einen nationalen Ausgleich als ungeeignet. 
Einer solchen Aktion müßte eine entsprechende Genugthuung für die dem 
Tschechenvolk zugefügten Berfolgungen vorangehen. Das Tschechenvolk wird 
sich jeder Zweiteilung Böhmens widersetzen. Die Jungtschechen weisen den 
Bersuch, die Prager Vorfälle, die infolge unverzeihlicher Herausforderung 
durch die Deutschen entstanden seien, gegen das Tschechenvolk auszunutzen, 
zurück. 
22. Dezember. (Wien.) Schluß der Delegationen. 
22. Dezember. (Pest.) Abgeordnetenhaus. Ausgleichsprovi- 
sorium. Debatte über das Verhältnis zu Österreich. 
In der Begründung der Ausgleichsvorlage erklärt Ministerpräsident 
v. Bauffy über das Verhältnis zu Oesterreich: „Uns knüpfen historische 
Vergangenheit und die Staatsgrundgesetze an einander. Wir wollen unter 
den hieraus fließenden Vorteilen leben und sie nicht aufgeben. Es liegt 
nicht in unserem Interesse, daß wir, wo nicht die Majorität, sondern der 
Wille der Minorität die Staatsmaschine stört, dieses ausnützen gegenüber 
jenen, mit denen zu leben unseren Interessen entspricht; und unser Interesse 
bildet: Unser Verhältnis mit diesen nicht aufgulösen, sondern immer stärker 
zusammenzuziehen!“ Diese Aeußerung wird von der äußersten Linken mit 
großem Protest aufgenommen; Baron Banffy erwidert: „Der Schluß meiner
	        
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