Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreizehnter Jahrgang. 1897. (38)

254 Frankreich. (Februar 4.—8.) 
Graf Murawjew erwidert: „Herr Minister! Auf Befehl Sr. Maj. 
des Kaisers bin ich in dieses schöne, meinem ganzen VBaterlande so teure 
Frankreich gekommen und glücklich gewesen, Ihre Bekanntschaft zu machen 
und in persönliche Beziehungen zu Ihnen zu treten, mein lieber Kollege, 
wenn Sie mir gestatten wollen, Sie so zu nennen. Ich erhebe mein Glas 
und trinke auf ihre Gesundheit in der Ueberzeugung, daß die intimen Be- 
ziehungen, welche zwischen unseren beiden Ländern bestehen, wie in der 
Vergangenheit die festeste Bürgschaft des Friedens bleiben werden.“ 
Beide Trinksprüche werden von allen Gästen stehend angehört. 
4. Februar. (Deputiertenkammer.) Annahme eines 
Zuckersteuergesetzes. 
Nach langen Debatten und Beratung vieler Anträge wird mit 282 
gegen 239 Stimmen beschlossen, Exportprämien von 3 Fres. bis 4 Frcs. 
50 Cts. für 100 Kilo einzuführen. Zur Deckung der Prämien wird eine 
Fabrikationssteuer von 1 Frc. und eine Raffinagesteuer von 4 Frcs. pro 
100 Kilogramm festgesetzt. 
Der Senat stimmt zu am 5. April mit 150 gegen 86 Stimmen. 
4. Februar. Die Regierung legt dem Parlament einen Ent- 
wurf zur Reform der direkten Steuern vor. 
Der Entwurf, der aus 3 Gesetzen besteht, entlastet die ländlichen 
Gemeinden um mehr als 50 Millionen Frcs., insbesondere befreit er die 
kleinen Steuerzahler hinsichtlich der Personal= und Mobiliarsteuer, sowie 
der Thür= und Fenstersteuer etwa von der Hälfte der Lasten. Zur Deckung 
des Ausfalles wird die Uebergangssteuer für Wertpapiere erhöht und eine 
Zulassungsgebühr für diejenigen fremden Werte eingeführt werden, für die 
diese Gebühr bisher nicht bezahlt wurde. Ferner soll eine Wohnungssteuer 
eingeführt werden. 
6. Februar. Die Deputiertenkammer genehmigt ein Ge- 
setz, das den Einfuhrzoll auf Melasse erhöht. 
8. Februar. (Deputiertenkammer.) Interpellation über 
die egyptische Frage (vgl. S. 233). Erklärung Hanotaux'. 
Der Deputierte Deloncle befragt die Regierung über die Rede von 
Hicks Beach im Unterhause am 5. Februar und führt aus, Hicks Beach 
habe unter völliger Außerachtlassung jeglicher Rücksicht auf die Verträge 
erklärt, daß England allein verantwortlich wäre für die Sicherheit Egyptens, 
und daß durch den Egypten gewährten Vorschuß von 20 Millionen die 
Okkupation verlängert werden würde. Minister des Auswärtigen, Hano- 
taux: Die Rede von Hicks Beach könnte in keiner Hinsicht so aufgefaßt 
werden, als ob sie in irgend einem Sinne die Lösung einer internationalen 
Streitfrage darstellen könnte. Man habe besonders von den gemischten 
Gerichtshöfen in Egypten viel gesprochen. Warum habe man sich denn 
vor dem Urteilsspruche des einmal genehmigten Richters nicht gebeugt? 
Sache derer, welchen Europa die Kontrolle in Egypten anvertraut habe, 
sei es, die egyptische Regierung darauf aufmerksam zu machen, daß sie sich 
auf einen Weg der Abenteuer und vielleicht auf den Weg begeben habe, 
der zum Fehlbetrag führe; diese Warnung sei erfolgt im Hinblick auf eine 
gute Führung der egyptischen Finanzen. Frankreich habe so viel, als es 
konnte, für die Aufrechterhaltung des europäischen Konzerts gearbeitet, und 
nichts sei in der internationalen Lage geändert. Nichts werde sich in dem
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.