Türkei. (Dezember.) 309
Der Vertrag besteht aus dem eigentlichen Friedensinstrument und
zwei Protokollen, welche von den beiderseitigen Unterhändlern am 22. No-
vember (4. Dezember) signiert sind. Der Vertrag zerfällt in 16 Artikel,
deren wesentlicher Inhalt sich resümieren läßt, wie folgt: Art. 1. Einleitung.
Art. 2. Bestimmung einer Kriegsentschädigung von 4 Millionen türkischer
Pfund. Art. 3. Festsetzung der Räumung Thessaliens binnen Monatsfrist.
Art. 4. Auswechselung der Kriegsgefangenen nach der Ratifikation des
Friedensvertrages. Art. 5. Volle Amnestie für alle in die Kriegsereignisse
verwickelt gewesenen Personen. Art. 6 stellt den freien Verkehr der beider-
seitigen Unterthanen auf dem Gebiete beider Staaten wieder her. Art. 7
regelt das Auswanderungerecht der in Thessalien lebenden Muhammedaner,
von denen diejenigen, welche die hellenische Nationalität erworben haben,
binnen 3 Jahren nnach erfolgter Auswechselung der Ratifikation für die
ottomanische Nationalität optieren können. Den Auswanderern bleibt das
volle Verfügungsrecht über ihr in Griechenland gelegenes unbewegliches
Eigentum vorbehalten. Art. 8 bestimmt die Zahlung von 100 000 türkischen
Pfund seitens Griechenlands zur Entschädigung der durch den Krieg ge-
schädigten Privatpersonen. Art. 9 bestimmt den Abschluß besonderer Ver-
einbarungen zwischen Griechenland und der Türkei zur Regelung der Kon-
sularverhältnisse und der damit zusammenhängenden Fragen. Art. 10 ver-
fügt die Aufrechterhaltung der Konvention vom 24. Mai 1881 über die
Abtretung Thessaliens an Griechenland abgesehen von den durch den vor-
liegenden Vertrag geänderten Bestimmungen derselben. Art. 11 bestimmt,
daß die beiden vertragschließenden Teile binnen 3 Monaten nach Ratifizie-
rung des Friedensvertrages Vereinbarungen über die zwischen beiden Staaten
noch strittigen Nationalitätsfragen, eine Konsularkonvention im Hinblick
auf Art. 9, einen Auslieferungsvertrag und eine Konvention, betreffend die
Unterdrückung des Brigantazzo, schließen werden. Bis zum Abschlusse eines
Handels= und Schiffahrtsvertrages wird der freie Handels= und Schiffahrts-
verkehr in reziproker Weise wieder hergestellt. Art. 12 betrifft die Wieder-
herstellung bezw. die Regelung des Postverkehrs zwischen beiden Staaten
durch eine Konvention. Art. 13 regelt den Telegraphenverkehr. Art. 14
enthält die Verpflichtung beider Regierungen, auf ihren Territorien keine
die Sicherheit und Ordnung im Nachbarstaate bedrohende Agitation zu
dulden. Art. 15 verfügt, daß Divergenzen beider Staaten, die sich aus
dem Vertrage ergeben sollen, einem aus den Vertretern der Großmächte zu
Konstantinopel zu bildenden Schiedsgerichte unterbreitet werden können.
Art. 16 enthält die Ratifikationsklausel. Das erste dem Friedensvertrage
beigeschlossene Protokoll enthält die prinzipiellen Grundlagen für die Rege-
lung der im Art. 3 des Präliminarfriedens vorgesehenen Frage. Diese
durch die türkischen Vertreter ihren Kollegen informationsweise mitgeteilten
Grundsätze umfassen u. a. folgende Punkte: Feststellung der Grenzen für
die Zollfreiheit der Konsuln, Sicherung der Vollstreckung der Urteile der
türkischen Gerichte gegen griechische Konsuln in Zivil= und Handelssachen,
Regelung von Hausdurchsuchungen bei griechischen Unterthanen, Regelung
der Gerichtskompetenz 2c. Das zweite Protokoll bestimmt, daß der vor-
gesehene Handels= und Schiffahrtsvertrag innerhalb zwei Jahren nach er-
folgter Ratifikation des Friedensvertrages abzuschließen sei, widrigenfalls
beide Mächte auf das durch Art. 11 des Friedensvertrages hergestellte Regime
zurückkommen würden.
Die Ratifikationen werden am 19. Dezember in Konstantinopel aus-
getauscht.
Dezember. Neue Unruhen in Kreta und Albanien.