Das Penisqhe Reihh und seine einzelnen Glieder. (Dezember Anf.—5.) 161
schen Richtung zu mildern und einem versöhnenden Ausgleiche entgegen-
zuführen.
Dezember. Besuch des Präsidenten Krüger in Deutschland.
(Vgl. Reichstag 10./13. Dezember.)
Am 2. Dezember trifft Krüger aus Paris kommend in Köln ein,
wo er nicht offiziell empfangen, aber von einer großen Menschenmenge be-
geistert begrüßt wird. Die Ovationen dauern die nächsten Tage an. Am
3. Dezember empfängt Krüger den deutschen Gesandten in Luxemburg
v. Tschirschki, der ihm mitteilt, daß der Kaiser ihn nach seinen bereits ge-
troffenen Dispofitionen nicht empfangen könne. Krüger beschließt deshalb,
nicht nach Berlin, sondern nach Holland zu reisen. Am 5. Dezember reist
Krüger nach dem Haag ab.
In den weitaus meisten Blättern wird der Nichtempfang Krügers
bedauert und aus überflüssiger Konnivenz gegen England erklärt. Das
Ansehen des Reiches müsse darunter leiden. Biele Versammlungen senden
Begrüßungstelegramme an Krüger und tadeln die Regierung; eine Abord-
nung des Alldeutschen Verbandes unter Führung des Abg. Hasse überreicht
dem Präsidenten im Haag eine Adresse.
Anfang Dezember. (Berlin.) An Stelle des Generals
v. Liebert wird nach Zeitungsberichten Major Graf v. Götzen zum
Gouverneur von Ostafrika ernannt.
3. /7. Dezember. Der Reichstag verhandelt eine Interpellation
des Zentrums über die Kohlenteuerung. Viele Redner verlangen
Beaufsichtigung der Syndikate und zeitweiliges Verbot der Kohlen-
ausfuhr.
5. Dezember. (Reichstagswahl.) Bei der Ersatzwahl in
Paderborn-Bueren wird Savigny (Z.) mit 6897 Stimmen von
6978 abgegebenen Stimmen gewählt.
5. Dezember. (Württemberg.) Landtagswahlen.
Im ersten Wahlgange werden 37 Abgeordnete gewählt: Zentrum 16,
Volkspartei 8, Deutsche Partei 5, Konservative und Bund der Landwirte 4,
Sozialdemokraten 2, Wilde 2. 32 Stichwahlen find notwendig, es werden
darin gewählt (17. und 18. Dezember): Volkspartei 18, Deutsche Partei 3,
Zentrum 2, Sozialdemokraten 3, Bund der Landwirte 2. — Das Verhältnis
der Parteien wird gegen früher nicht wesentlich verändert; charakteristisch
ist das Sinken der volksparteilichen und Anschwellen der sozialdemokratischen
Stimmenzahl.
5. Dezember. (Reichstag.) Beratung des Antrags über
freie Religionsübung.
Nach einem vom Zentrum eingebrachten Antrag soll jedem Reichs-
angehörigen innerhalb des Reichsgebietes volle Freiheit des Religions--
bekenntnisses, der Vereinigung zu Religionsgemeinschaften, sowie der gemein-
samen häuslichen und öffentlichen Religionsübung zustehen. Den bürger-
lichen und staatsbürgerlichen Pflichten darf durch die Ausübung der Reli-
gionsfreiheit kein Abbruch geschehen. Z
Reichskanzler Graf Bülow: Im Namen der verbündeten Regierungen
Fabe ich die Ehre, nachfolgende Erklärung abzugeben: Obwohl die verbün-
Europäischer Geschichtskalender. XII. 11