II.
Die Oesterreichisch-Ungarische Monarchie.
1. Januar. (Böhmen.) Die tschechischen Bezirksvertretungen
in 57 Städten und über 100 Gemeinden stellen die Arbeiten in
ihrem Wirkungskreise ein wegen der Aufhebung der Sprachenver-
ordnungen.
2. Januar. (Wien.) Ungarische Delegation. Debatte über
Handel und Marine.
Auf eine Bemerkung eines Delegierten, daß Oesterreich-Ungarn einer
stärkeren Marine nicht bedürfe, weil seine Industrie keine überseeischen Absatz=
gebiete nötig habe, erwidert Min. des Ausw. Graf Goluchowsky: Er
hoffe, daß der auswärtige Handel Oesterreich-Ungarns mit der Zeit erstarken
und sodann eines wirksamen Schutzes bedürftig sein werde. Gegenwärtig
sei nicht so sehr vom auswärtigen Handel Oesterreichs, als vielmehr von
der Verteidigung seiner Küste, somit seiner vitalen Interessen die Rede, und
nach dieser Richtung hin sei die Entwickelung seiner Seemacht in jenem
bescheidenen Rahmen, wie derselbe im Voranschlag in Aussicht genommen
sei, unabweislich notwendig. Marinekommandant v. Spaun erklärt, die
Aufgabe der österreichisch-ungarischen Kriegsmarine sei nur, die Adria zu
verteidigen. Die österreichisch ungarische Kriegsmarine wolle mit den
anderen Mächten in keinen Wettkampf eintreten, doch sei seit den siebziger
Jahren der Schiffsbestand der Kriegsmarine etwas zurückgeblieben.
Die Marineforderungen werden von der ungarischen Delegation am
2., von der österreichischen am 8. Januar angenommen.
12. Januar. (Wien.) Österreichische Delegation. Debatte
über Ausweisung österreichischer Unterthanen aus Deutschland.
Auf eine Beschwerde, daß in jüngster Zeit zahlreiche flavische Ar-
beiter aus Deutschland ausgewiesen worden seien, erwidert der Min. des
Ausw. Graf Goluchowski: Von einer Massenausweisung könne keine Rede
sein. 1899 seien im ganzen 24 Ausweisungen aus Deutsch-Schlesien vor-
gekommen, die zumeist Saison-Arbeiter betrafen, d. h. Arbeiter, denen der
Eintritt in das preußische Territorium nur bis zu einem bestimmten Zeit-
punkt bewilligt war. Die Ausweisungen betrafen zumeist solche Personen,
welche das preußische Territorium zu diesem bestimmten Zeitpunkt nicht