Bie Gesterreihisch-Anserische Monarchie. (Mai 8.) 181
Der Landtag fordert die Regierung auf, über die im Jahre 1900
zu den Feldarbeiten nach dem Auslande wandernde Landbevölkerung Gali-
ziens genaueste Angaben, insbesondere unter Berücksichtigung von Alter,
Geschlecht, Beschäftigung und Besitzverhältnisse der Auswandernden vorzu-
legen, sowie die Arbeitsvermittelungsbureaus einer strengen Kontrolle zu
unterwerfen, damit die auswandernden Feldarbeiter vor Ausbeutung ge-
schützt werden.
8. Mai. (Wien.) Abgeordnetenhaus. Vorlegung der Spra-
chengesetze für Böhmen und Mähren.
Die Regierung legt dem Hause drei Gesetzentwürfe vor, betreffend
die Sprachenverhältnisse bei den landesfürstlichen Behörden in Böhmen,
und die Errichtung von Kreisregierungen in Böhmen, sowie betreffend die
Sprachenverhältnisse bei den landesfürstlichen Behörden in Mähren. Der
erste Gesetzentwurf beruht auf dem Prinzip der Einsprachigkeit und unter-
scheidet zwischen einsprachig-tschechischen, einsprachig-deutschen und gemischt-
sprachigen Gebieten. Spätestens bis Ende 1901 ist die sprachliche Abgren-
zung durchzuführen, wobei als gemischt-sprachige Gerichtsbezirke diejenigen
anzusehen sind, in denen die Minderheit 20 Prozent der Bezirksbevölkerung
erreicht. Die Abgrenzungsrevision erfolgt nach jeder zweiten Volkszählung.
In gemischt-sprachigen Bezirken ist die Dienstverkehrssprache grundsätzlich
die Sprache der Parteien, wobei die Geltung beider Landessprachen voll-
kommen paritätisch durchgeführt wird. Für den inneren Dienstverkehr und
die Amtskorrespondenz bedienen sich die einsprachigen Behörden ihrer Amts-
sprache. Die gemischt-sprachigen wenden in Parteisachen die Sprache des
Parteieinschreiters an, was analog von den Eintragungen in die öffent-
lichen Bücher und Register gilt. In Sachen der bewaffneten Macht, in
Angelegenheiten der Staatspolizei und bei der Qualifikation von Staats-
beamten verbleibt es bei den bestehenden Vorschriften. Die Geltung der
militärischen Dienstsprache, sowie die Vorschriften über den Verkehr mit den
Behörden außerhalb Böhmens, insbesondere mit den Zentralstellen, bleiben
unberührt. Im Verkehr zweisprachiger Behörden mit einsprachigen ist die
Amtssprache letzterer anzuwenden. Beim Prager Oberlandesgericht werden
für jedes einsprachige Gebiet besondere Abteilungen errichtet. Bei den be-
stehenden Sprachvorschriften verbleibt es für Kassen-, Geldgebahrungsämter,
Betriebs= und Verkehrssachen, Post, Telegraphendienst, ärarische, industrielle
Etablissements und im inneren Verkehr aller genannten Behörden. Beamte
einsprachiger Gebiete müssen die Amtssprache in Wort und Schrift voll-
ständig beherrschen. Für die Anwendung einer anderen Landessprache wird,
wo es das Bedürfnis erheischt, durch Beamte, die beider Landessprachen in
Wort und Schrift mächtig sind, in einer strengen, auf das Bedürfnis be-
schränkten Zahl vorgesorgt. Für die Prager Polizeidirektion und die Be-
hörden Prags erster Instanz gelten die Verfügungen für gemischt-sprachige
Gebiete. Das Gesetz tritt drei Monate nach der Kundgebung in Kraft.
Früher erlassene Vorschriften werden aufgehoben. Dem Gesetzentwurf ist
umfangreiches Erläuterungsmaterial beigelegt, wonach von 233 Gerichts-
bezirken 94 einsprachig-deutsch, 133 einsprachig-tschechisch und 6 gemischt-
sprachig sind. Neu zu errichten sind 8 einsprachig-tschechische, 6 einsprachig-
deutsche Gerichtsbezirke, von 103 Bezirkshauptmannschaften wären 41 ein-
sprachig-deutsch, 58 einsprachig-tschechisch, 4 gemischt-sprachig; neu zu er-
richten: 5 einsprachig-tschechische, 4 einsprachig-deutsche. Der Gesetzentwurf,
betreffend die Kreisregierungen von Böhmen, verfügt die Errichtung von
3 einsprachig-deutschen, 5 einsprachig-tschechischen und 2 gemischtsprachigen
Kreisen (Budweis, Pilsen), deren Kompetenz dasjenige umfaßt, was bisher