6 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 11.)
und der Elbe nicht nur der Industrie des Westens, sondern auch der Land-
wirtschaft des Ostens nützen wird, ist meine ruhig erwogene Ueberzeugung.
(Lebhafter Beifall.) Diese direkte Verbindung wird dem Osten für seinen
Ueberschuß an landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Produkten das
reiche Konsumgebiet des Westens erschließen, der daran Mangel leidet; sie
wird dem Osten die Möglichkeit geben, mit seinen Produkten unter ver-
hältnismäßig billigen Verfrachtungsgebühren und unter gesichertem Zollschutz
nach außen, für den wir sorgen müssen (Beifall) und für den wir sorgen
werden (Lebhafter Beifall rechts) auf den Märkten des Westens zu kon-
kurrieren, der seinerseits wiederum die Möglichkeit zu einer weiteren Ver-
sendung von Industrieerzeugnissen erhält, die für ihn ein Bedürfnis ist.
Meine Herren! Nachdem die Staatsregierung den durch die umfassende
Erweiterung der vorjährigen Vorlage aus diesem hohen Hause an sie heran-
getretenen Wünschen und Bedenken soweit als möglich entgegengekommen
ist, hofft sie auf eine zustimmende Aufnahme der Vorlage umsomehr, als
hinsichtlich der Ausführung der geplanten Bauten eine verständige Rücksicht-
nahme obwalten soll auf die Finanzlage wie auf die Steuerkraft des Landes.
Die Ausführung der Bauten soll nur allmählich erfolgen. Es ist hierfür
ein längerer Zeitraum in Aussicht genommen, und ich bezweifle nicht, daß
sich eine Verständigung hierüber im einzelnen unschwer erzielen lassen wird. Die
Staatsregierung gibt sich der Erwartung hin, daß die Vorlage, welche nach
Inhalt und Bedeutung wirtschaftlicher Natur ist, eine günstige, von politischen
Parteigegensätzen freie Beurteilung finden wird. (Bravo.) Dann werden
auch Ihre Beratungen zu dem positiven Ergebnis führen, das die Regierung
des Königs zuversichtlich erwartet. Meine Herren! Als Ministerpräsident
habe ich die Pflicht, Preußen wirtschaftlich und politisch auf der Höhe zu
erhalten, die ihm seine ruhmvolle Geschichte vorzeichnet. (Beifall.) Diese
Pflicht kann ich nur erfüllen, wenn ich Ihre vertrauensvolle Unterstützung
finde. Ich bin gewiß, daß diese Unterstützung mir nicht fehlen wird, denn
ich weiß, daß die Wohlfahrt der gesamten Volkswirtschaft, daß das Wohl
der ganzen Monarchie Ihr wie unser Leitstern ist. (Stürmischer Beifall.)
Hierauf legt Finanzminister v. Miquel den Etat vor. Der Vor-
anschlag für 1901 weist eine Einnahme von 2,649,014,606 M, eine Ausgabe im
Ordinarium von 2,431,482,802 M, im Extraordinarium 217,531,804 M,
zusammen demnach ebenfalls von 2,649,014,606 M auf. — Die Finanzlage
bezeichnet der Finanzminister als günstig.
11. Januar. Der Reichstag verweist einstimmig folgenden
Antrag Nißler (kons.) über Abänderung des Gesetzes betr. Verwal-
tung des Invalidenfonds an die Budgetkommission:
Artikel I.
Artikel 1 Absatz 3 des Gesetzes vom 22. Mai 1895, betr. die Grün-
dung und Verwaltung des Reichsinvalidenfonds, wird aufgehoben und durch
folgenden Absatz ersetzt:
Behufs Gewährung von Beihilfen an solche Personen des Unter-
offiziers- und Mannschaftenstandes des Heeres und der Marine, die an
dem Feldzuge 1870/71 oder an den von deutschen Staaten vor 1870 ge-
führten Kriegen ehrenvollen Anteil genommen haben und deren Erwerbs-
fähigkeit infolge von Alter, Krankheit oder anderen Gebrechen dauernd auf
weniger als ein Drittel herabgesetzt ist (vgl. Invalidenversicherungsgesetz vom
13. Juli 1899, § 5 Abs. 3), soweit sie unterstützungsbedürftig sind und auf
diese Unterstützung Anspruch erheben:
Artikel II.
Artikel I tritt mit dem 1. April 1901 in Kraft.