Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebzehnter Jahrgang. 1901. (42)

182 Bie Ferreichisch-ungerische Moenarchie. (Februar 12.) 
ersten Vizepräsidenten wird Prade (dt. Vp.) mit 236 von 328 Stim- 
men, zum zweiten Zazek (Tsch.) mit 209 von 304 gewählt. 
12. Februar. (Ungarn.) Im Abgeordnetenhause spricht sich 
der Ackerbauminister Dr. Daranyi für Beibehaltung der Zollgemein- 
schaft mit Osterreich aus. 
12. Februgar. (Cisleithanien.) Eheschließung des Erz- 
herzogs Franz Ferdinand. Arbeitsprogramm. Buddget. 
Es wird eine Deklaration des Erzherzogs Franz Ferdinand ver- 
lesen, worin von der Regelung der Thronfolge Mitteilung gemacht wird 
(vgl. 1900 S. 186). Abg. Groß beantragt, einen Ausschuß von 37 Mit- 
gliedern zu wählen, der über die Angelegenheit so bald als möglich zu 
berichten hätte. Abg. Kramarcz verliest namens der Tschechen eine Er- 
klärung, in welcher die tschechischen Abgeordneten die Kompetenz des Reichs- 
rats in der Angelegenheit der Thronfolge nicht anerkennen, vielmehr dieses 
Recht für Böhmen, die Länder der böhmischen Krone und für die Ver- 
tretung des Königreichs Böhmen beanspruchen. Die Tschechen erachteten 
daher die vorgelesene Erklärung als nicht geschehen und würden sich an 
der Abstimmung über den Antrag Groß nicht beteiligen. Kramarcz schließt 
mit einem Glückwunsch für den Erzherzog und dessen Gemahlin. Die 
Tschechen verlassen hierauf den Saal. Nach weiterer Debatte wird der 
Antrag Groß angenommen. 
Ministerpräsident v. Körber erklärt über das Arbeitsprogramm: 
Gegenüber manchen, mit einer gewissen Emsigkeit verbreiteten Gerüchten 
möchte ich vor allem betonen, daß wir keine geheimen Hintergedanken 
haben, auch keine haben wollen. Die Regierung wird in allen Aeußerungen 
klar und bestimmt sein. So bemerke ich denn, daß wir nicht darauf aus- 
gehen, nur die Wahl der Delegationen und der Quotendeputation zu sichern, 
um dann den im Vorjahr notwendig gewordenen Weg als einen uns etwa 
lieb gewordenen wieder aufzunehmen. Wir sind vielmehr unsrerseits bereit, 
sofort in die parlamentarische Arbeit einzugehen. Dies werden Sie an 
unsern Vorlagen, insbesondere an deren Reihenfolge erkennen. Wir ver- 
trauen auf die Arbeitswilligkeit des hohen Hauses. Mit Rücksicht auf den 
Umstand, daß schon seit vier Jahren der Staatsvoranschlag von diesem 
hohen Hause nicht mehr erledigt ist, raten wir zunächst zur Inangriff- 
nahme der Beratung des Budgets, sowie daran anschließend zur Beratung 
der Vorlage über die Investitionen. Wir würden Ihnen empfehlen, so- 
dann den Gesetzentwurf, betreffend die Erhöhung der Branntweinabgaben, 
zur Verhandlung zu nehmen, deren Mehrerträgnis den Einnahmen der 
vereinigten Königreiche und Länder zugute kommen soll. Auch würde die 
Regierung Wert darauf legen, wenn endlich die Angelegenheit der kumu- 
lativen Waisenkassen, die schon so lange diskutiert wird, einer befriedigenden 
Lösung zugeführt würde. Inzwischen wird das Rekrutenkontingent zu 
votieren sein, da die Gestellung an den gesetzlich vorgeschriebenen Termin 
gebunden ist. Die übrigen als dringlich zu erkennenden Vorlagen werden 
dann jedenfalls successive an die Reihe kommen. Das Haus möge daraus 
entnehmen, daß wir uns nicht in die Beschaulichkeit der Bureaus flüchten 
wollen. Wir stehen als Männer ernster Arbeit vor Ihnen, die nichts 
wünschen, als die Wiederaufnahme der parlamentarischen Thätigkeit. Wir 
wollen dem hohen Hause nur den Weg frei machen, der aus der traurigen 
Vergangenheit herausführt, und hoffen, daß Sie uns folgen werden. (Leb- 
hafter Beifall und Händeklatschen.)
	        
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