Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 9. —11.) 35
der unter preußischer Staatsaufsicht stehenden Privatbahnen ist im voraus
genehmigt. Im Bereiche der Staatseisenbahnen und der Reichseisenbahnen
in Elsaß-Lothringen tritt der Ausnahmetarif sofort in Kraft.
9. Februar. Der Kaiser erläßt folgende Verordnung über
Bekleidung und Ausrüstung des ostasiatischen Expeditionskorps:
Im Einvernehmen mit Meinen Hohen Verbündeten, Ihren Maje-
stäten den Königen von Sachsen und Württemberg und Sr. königlichen
Hoheit dem Prinzen Luitpold, Regenten des Königreichs Bayern, bestimme
Ich, daß bei dem ostasiatischen Expeditionskorps überall die Hoheitsabzeichen
des Deutschen Reiches an die Stelle derer der Einzelstaaten treten. Auch
soll der Ersatz an Bekleidungs- und Ausrüstungsstücken für das ganze
Expeditionskorps einheitlich nach den von Mir bereits genehmigten neuen
Proben und den anliegenden Bestimmungen erfolgen. Das Kriegsmini-
sterium hat hiernach das Weitere zu veranlassen.
Homburg v. d. Höhe, den 9. Februar 101.
Wilhelm.
An das Kriegsministerium.
10. Februar. (Bayern.) Es wird eine kgl. Verordnung
über die Wohnungsaufsicht erlassen.
11. Februar. (München.) Der Professor der Medizin,
Geh. Rat Max v. Pettenkofer, 83 Jahre alt, tötet sich durch einen
Revolverschuß.
11. Februar. (Bremen.) Das Seeamt fällt folgendes Ur-
teil über die Hobokener Katastrophe (1900 S. 96):
Das Feuer entstand in den Baumwollschuppen und hat, binnen
kürzester Zeit zu einer gewaltigen Feuersbrunst anwachsend, die gesamten
Pieranlagen vernichtet und die Dampfer des Norddeutschen Lloyds „Saale“,
„Bremen"“, „Kaiser Wilhelm der Große“ und „Main“, sowie deren Be-
satzungen stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Entstehungsursache steht
noch nicht bestimmt fest. Es liegt wahrscheinlich Fahrlässigkeit vor. Wäre
es gelungen, die „Saale"“, „Bremen“ und „Main“ schneller von den Piers
zu entfernen, so wären die Schiffsbeschädigungen und Menschenverluste bei
weitem nicht so schwer gewesen. Von den New-Yorker Schleppdampfern
lehnten verschiedene die erbetene Schlepphülfe ab und bekümmerten sich nicht
um die im Wasser treibenden Personen. Die Schiffsleitungen der be-
schädigten Schiffe trifft kein Verschulden. Die Löschversuche und die Rettungs-
maßregeln verdienen ebenso wie die Haltung und Disziplin der Besatzungen
Anerkennung. Im ganzen sind 150 Seeleute umgekommen.
11. Februar. (Berlin.) Generalversammlung des Bundes
der Landwirte. Beschluß über den Zolltarif.
Nach dem Geschäftsbericht zählt der Bund jetzt 232000 Mitglieder,
26000 mehr als im Vorjahre; davon wohnen östlich der Elbe 110 000 und
westlich der Elbe 122 000. — Nach mehreren Referaten wird folgende
Resolution angenommen:
Von der Gestaltung des neuen Zolltarifs und der zukünftigen Handels-
verträge hängt die endgültige Entscheidung über das Geschick der deutschen
Landwirtschaft ab; eine zweite Periode der Schädigung ihrer Lebensinteressen
würde sie nicht überstehen. Die deutsche Landwirtschaft muß deshalb bei
der bevorstehenden Neuregelung unserer Handelsbeziehungen einen gleich-
3*