Türkei. (Juli 9.—November.) 297
Der Wali, Emir Pascha, wird beschuldigt, an dem Brotwucher be-
teiligt zu sein.
9. Juli. (Jerusalem.) Griechische Pilger, die deutsche und
französische Franziskaner vor der Grabeskirche am 4. November 1901
angegriffen hatten, werden gerichtlich verurteilt. — Der Vorgang
war in Europa lebhaft besprochen worden.
Juli. An der albanisch-montenegrinischen Grenze finden Zu-
sammenstöße zwischen türkischen und montenegrinischen Truppen statt.
1. August. Der Sultan genehmigt den Finanzplan Rou-
viers über die Unifikation der türkischen Schuld.
3. August. (Konstantinopel.) Der armenische Patriarch
Ormanian reicht seine Demission ein, weil viele Armenier durch
Regierungschikanen zum Glaubenswechsel gezwungen würden. Die
Pforte nimmt die Demission nicht an.
Mitte September. Durchfahrt rusfischer Torpedoboote durch
die Dardanellen.
Die russische Regierung verlangt die Erlaubnis zur Durchfahrt von
drei Torpedobooten vom Mittelländischen Meere nach dem Schwarzen Meer;
sie sollen ohne Armierung und unter Handelsflagge fahren. Der türkische
Ministerrat verweist auf die Bestimmungen der Reglements und der Ver-
träge, welche die Durchfahrt von Kriegsschiffen durch die Meerengen ver-
bieten, und erklärt, wenn man die Ermächtigung zur Durchfahrt für die
genannten Torpedoboote dessen ungeachtet erteile, dann würden sie die Er-
laubnis ausnahmsweise als Kriegsschiffe erhalten müssen, nicht aber auf
Grund der Fiktion, daß sie nicht armiert seien und daher als Handels-
schiffe passieren könnten. Ein vom Sultan eingeholtes militärisches Gut-
achten weist darauf hin, daß Rußland schon viele Torpedoboote mit der
Eisenbahn vom Baltischen ins Schwarze Meer hinübergeschafft habe und
daher eine Erlaubnis nicht dringend benötige. — Am 20. September ver-
spricht der Sultan die Erlaubnis zur Durchfahrt.
September—Dezember. Unruhen in Makedonien.
Die Unruhen in Mazedonien, die nie ganz aufgehört haben, werden
zur Zeit der Schipkapaßfeier stärker. Es bilden sich Banden, an denen
Bulgaren teilnehmen, und brandschatzen die Provinz. Die Pforte verstärkt
die Truppen an der bulgarischen Grenze um mehrere 1000 Mann; Mitte
Oktober säubert Ibrahim Pascha mit 25 Bataillonen unter hartnäckigen
Kämpfen den Sandschak Serres von den Banden.
2. Oktober. (Konstantinopel.) Besuch des Großfürsten
Nikolaus Nikolajewitsch beim Sultan. — Der Besuch soll, wie an-
genommen wird, den Sultan wegen der Schipkafeier beruhigen.
November. (Aden.) Die Pforte räumt ein zwischen Aden
und Yemen gelegenes Gebiet, da die englische Regierung Anspruch
darauf macht und mit Gewalt droht.
November. Seeräuberkämpfe im Roten Meer (vgl. S. 259).