316 Nord-IAmerika. (Dezember 2.)
höheren amerikanischen Arbeitslöhne mehr als ausgleiche. Einer der Wege
der weiteren Regelung des Zollwesens seien Gegenseitigkeitsverträge, welche
in hohem Grade zu wünschen seien. Wo Gegenseitigkeitsverträge möglich
seien, seien sie ein brauchbares Mittel zur Erweiterung der Märkte und
zur Förderung der Produktion des Landes, während sie zugleich die Herab-
setzung von Zöllen gestatten, wo solche zum Schutze nicht mehr nötig seien,
oder geringe, aus der Herabsetzung entstehende Schäden durch bedeutende
Vorteile aufgewogen würden. Wo sich die Ratifikation noch schwebender
Verträge unmöglich erweist, sollte durch einen direkten Akt der Gesetzgebung
dafür gesorgt werden, daß die Gegenseitigkeit zustande kommt. Wo sich
die Reziprozität nicht empfehle, seien auch selbständige Herabsetzungen ein-
zelner Zollpositionen ins Auge zu fassen. Es empfehle sich, daß zur Vor-
bereitung solcher Maßnahmen besondere Kommissionen von Sachverstän-
digen und Geschäftsmännern eingesetzt werden, die die Wirkung der Ver-
änderung der einzelnen Positionen auf die Volkswirtschaft zu beurteilen
vermögen. In den wenigen Fällen, in denen durch den Schutzzoll ein
schädliches Monopol geschaffen werde, sollte durch eine entsprechende Tarif-
herabsetzung die Gleichheit des Wettbewerbes wiederhergestellt werden. Die
für Anthrazitkohle bestehenden Tarifbestimmungen sollten beseitigt werden.
Bezüglich des Währungswesens sei das Element der Elastizität dringend
nötig. Die Banken müßten, soweit durchführbar, verpflichtet werden, die
für den Handel und die Industrie nötigen Umlaufmittel so zu liefern,
daß sie stets in ausreichender Menge verfügbar seien. Es empfehle sich
nicht, gegenwärtig eine Rekonstruktion des Geldwesens vorzunehmen, doch
sei der Erlaß neuer Gesetze wünschenswert, durch die automatisch wirkende
Mittel geschafft werden, um jede berechtigte Anforderung an die Menge und Art
der Umlaufsmittel zu befriedigen, wodurch alle Geldarten untereinander
austauschbar und nach dem Willen des Inhabers in Goldwährung um-
wandelbar gemacht werden können. Neben der Notwendigkeit eines be-
sonderen Gesetzes betr. die Einwanderung sei als ein Problem von großer
Schwierigkeit die Frage zu bezeichnen, auf welche Weise eine richtige Be-
handlung von Arbeit sbwohl wie von Kapital zu erzielen sei und wie
skrupellose Menschen unter den Arbeitern sowohl wie unter den Unter-
nehmern in Schach zu halten seien, ohne die individuelle Initiative und
ohne die industrielle Entwicklung des Landes zu hemmen. Unsere Zeit sei
eine Zeit der Föderationen. Kapitalistische sowohl wie Arbeiterföderationen
könnten aber sowohl Gutes wie Uebles stiften. Bekämpft solle in den
Organisationen nur das werden, was sich als übel darin erweise, nicht
die Organisationen als solche, denn durch die Korporationen und Ver-
einigungen sei ein weitreichendes und segensreiches Werk für das Volk ge-
schaffen. Aber die willkürliche und tyrannische Beeinträchtigung der Rechte
anderer sei zu verwerfen. Die organisierte Arbeit und das organisierte
Kapital müßten bedenken, daß im Interessenkampf das Interesse eines
jeden dem allgemeinen Wohle sich unterordnen müsse. Jedem Unternehmer
aber und jedem Lohnarbeiter müsse die Freiheit und das Recht gesichert
sein, mit seinem Vermögen oder seiner Arbeit anzufangen, was ihm be-
liebe. Ein Handelssekretär, der einen Sitz im Kabinett habe, müsse wohl
ernannt werden. Dringend nötig seien ein Reziprozitätsvertrag mit Cuba,
eine Konvention mit Großbritannien und ein Reziprozitätsvertrag mit
Neufundland, der sich auf der Linie der Konvention, welche Blaine aus-
gearbeitet und dem Senat einst unterbreitet habe, bewege; es sei die An-
sicht des Präsidenten, daß eine derartige Konvention große Vorteile für
beide Staaten habe. Wo immer es möglich sei, sollten an Stelle des
Krieges Schiedsgerichte oder ähnliche Einrichtungen treten, um die Streitig-