Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtzehnter Jahrgang. 1902. (43)

Das Dentsche Reich und seine einzeluen Glieder. (März 3.) 47 
Amerika nicht bessern werde, weil der Zolltarif ein gutes Verhältnis un- 
möglich mache. Ferner tadelt er die Nichteinmischung in die Greuel des 
südafrikanischen Krieges und die Wegführung der astronomischen Instru- 
mente aus Peking, ein Denkmal der Schande. Man solle sie zurückgeben. 
Reichskanzler Graf Bülow: Ich muß zunächst meinem Bedauern Ausdruck 
geben über die Art und Weise, wie sich der Vorredner geäußert hat über 
die Reise des Prinzen Heinrich nach Amerika und über den Empfang, den 
das amerikanische Volk ihm bereitet hat. Das war um so bedauerlicher 
im Hinblick auf die schöne Aufnahme, welche der deutsche Prinz bei dem 
amerikanischen Volke gefunden hat. (Sehr richtig.) Der Abg. Hasse hat 
vorhin in ganz zutreffender Weise hervorgehoben, daß die Reise des Prinzen 
Heinrich nach Amerika gar keinen bestimmten Zweck verfolge: der Zweck 
aber, den wir verfolgen, und den wir mit großem Ernste erstreben, ist die 
Aufrechterhaltung der traditionellen guten Beziehungen zwischen Deutsch- 
land und Amerika, wie sie bestehen seit den Tagen des großen Friedrich 
und des großen Washington. Die beiden Völker haben allen Grund, sich 
gegenseitig zu achten, sie haben gar keinen Anlaß, sich zu veruneinigen 
oder zu streiten; sie haben alles Interesse daran, auf der Grundlage voller 
Gegenseitigkeit in Frieden und Freundschaft zu leben (Zustimmung), auch 
in einer fernsten Zukunft sieht mein Auge keinen Punkt, wo die politischen 
Wege des deutschen und des amerikanischen Volkes sich zu durchkreuzen 
brauchen. (Erneute Zustimmung.) Das habe ich schon einmal von dieser 
Stelle aus vor drei Jahren geäußert und ich hatte den Eindruck, als ob 
die große Mehrheit des Hauses mit meinen Darlegungen einverstanden 
war, und ich bin überzeugt, daß ich nicht nur für das Inland, sondern 
auch für das Ausland mich in Uebereinstimmung mit der großen Mehrheit 
dieses Hauses befinde, wenn ich sage, daß das deutsche Volk mit voller 
Befriedigung die gastfreie und ritterliche Aufnahme verfolgt hat, die das 
amerikanische Volk dem Bruder des Deutschen Kaisers bereitet hat. (Beifall.) 
Nun hat der Abg. Gradnauer mit sehr großem Pathos die Angelegenheit 
der astronomischen Instrumente behandelt. Bei diesem Anlaß trat wieder 
zu Tage, daß Gradnauer und seine Freunde wirklich chinesischer sind als 
die Chinesen. (Heiterkeit.) Wenn die Chinesen so chauvinistisch wären wie 
Gradnauer, so würden wir den Frieden noch gar nicht haben. (Unter- 
brechung bei den Sozialdemokraten.) Ich bitte, mich nicht zu unterbrechen, 
ich habe auch bei Ihren Ausführungen weder gelacht, noch Sie unterbrochen, 
und ich würde sehr dankbar sein, wenn Sie mich ruhig anhörten. Die 
Frage der Zurücksendung der astronomischen Instrumente ist auch von uns 
erwogen worden, nachdem die Ankunft der Instrumente bekannt geworden 
war. Nach eingehender Erwägung haben wir aber von dieser Zurück- 
sendung Abstand genommen. Wir haben es getan, erstlich, weil die chine- 
sische Regierung ihrerseits auf den weiteren Besitz dieser Instrumente keinen 
Wert gelegt, vielmehr dieselben und von der ersten Erörterung der Frage 
an sogleich förmlich zur vollen Verfügung gestellt hat — volenti non üit 
injuria —; sodann würde die große Masse des chinesischen Volkes an- 
genommen haben, die Zurücksendung geschehe auf Befehl der chinesischen 
Regierung, was natürlich unserer Stellung in Ostasien Abbruch getan 
haben würde. Wenn wir die Instrumente jetzt zurückschicken, so würde ja 
zweifellos bei ihrer richtigen Einsicht in die politischen Verhältnisse die 
Kaiserin-Mutter, die übrigens eine sehr intelligente Dame ist, sich verletzt 
fühlen, während die Masse des chinesischen Volkes darin eine furchtbare 
Niederlage unsererseits erblicken würde. Wenn diese Instrumente unter 
voller Zustimmung der chinesischen Regierung in unseren rechtmäßigen Besitz 
übergegangen sind, so fallen sie in die Kategorie derjenigen Geschenke, wie
	        
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