Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtzehnter Jahrgang. 1902. (43)

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der Reife einer realistischen Lehranstalt aufgenommen werden, sind bei der 
Einschreibung in der juristischen Fakultät im Hinblick auf die Bestimmungen 
zu 3 und 4 der eingangs erwähnten Bekanntmachung ausdrücklich darauf 
hinzuweisen, a) daß es ihnen bei eigener Verantwortung überlassen bleibe, 
sich die für ein gründliches Verständnis der Quellen des römischen Rechts 
erforderlichen sprachlichen und sachlichen Vorkenntnisse anderweit anzueignen, 
b) daß in Aussicht genommen ist, bei der Einrichtung des juristischen Stu- 
diums Vorkehrungen zu treffen, wonach sie sich über die zu a gedachten 
Vorkenntnisse auszuweisen haben. 3. Die gleiche Eröffnung ist auch den- 
jenigen Studierenden der Rechte zu machen, welche zwar das Zeugnis der 
Reife eines Gymnasiums besitzen, in demselben aber für das Lateinische 
nicht wenigstens das Prädikat „genügend“ aufzuweisen haben. 4. Die 
vorstehenden Bestimmungen treten mit dem Beginne des nächsten Sommer- 
semesters in Kraft. 
Anfang April. Staatssekretär Graf Posadowsky konferiert 
mit den Ministern der größeren Einzelstaaten über die Zollfrage. 
2. April. (Berlin.) Der niederländische Minister des Aus- 
wärtigen Kuyper hat eine Zusammenkunft mit dem Staatssekretär 
Frhrn. v. Richthofen. 
3. April. (Reichstagswahl.) Bei der Ersatzwahl in 
Elbing-Marienburg wird v. Oldenburg (kons.) mit 9205 Stimmen 
gewählt. König (Soz.) erhält 4929, Zagermann (3.) 2587, Kindler 
(fr. Vp.) 1251, Wagner (ul.) 415 Stimmen. 
April. Angebliches Angebot eines Staatsamts an Lieber. 
In der Zentrumspresse wird behauptet, dem Abg. Lieber sei nach 
der Annahme der ersten Marinevorlage (1898) vom Kaiser ein hohes Reichs- 
amt oder ein Oberpräsidium angeboten worden, er habe aber abgelehnt. 
Die „Nordd. Allg. Ztg."“ dementiert diese Behauptung, die viel diskutiert 
wird. Später wird berichtet, Finanzminister v. Miquel habe Lieber ver- 
traulich solche Eröffnungen gemacht. 
März. April. (Preußen.) Gegen die Neuordnung der 
juristischen Vorbildung erheben sich viele Stimmen aus den Kreisen 
der Universitäten und Richter. 
Anfang April. (Württemberg.) Dem Landtage geht ein 
Volksschulgesetzentwurf zu. 
Der Entwurf sieht die Möglichkeit vor, daß die lokale Schulaufsicht 
nicht wie bisher ausschließlich von Geistlichen, sondern auch von Schul- 
männern ausgeübt werden kann, ferner soll die Oberaufsicht nicht mehr 
durch die Oberkirchenbehörden als solche ausgeübt werden. Für die evan- 
gelische Volksschule wird eine neue Behörde, der „Oberschulrat“, gebildet; 
für die katholische Volksschule bleibt die Oberaufsichtsbehörde der katholische 
„Kirchenrat“, er führt aber in seiner Tätigkeit der Volksschule gegenüber 
die Bezeichnung „katholischer Oberschulrat“. Weitere Bestimmungen des 
Entwurfes sind, daß die sogenannten „Realien“", nämlich: Geschichte, Erd- 
kunde, Naturgeschichte, Naturlehre als obligate Unterrichtsgegenstände in 
das Gesetz ausgenommen werden, während sie bisher zwar an der Hand 
des Volksschul-Lesebuches tatsächlich gelehrt wurden, aber gesetzlich nicht
	        
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