Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunzehnter Jahrgang. 1903. (44)

140 Nas Neutsche Reich und seine einjeluen Slieder. (Sept. 30. Okt. 1.) 
Etats der Uebertragungen mit 1444 147 K liefern alsdann die Mittel, 
um das Gleichgewicht zwischen Ausgaben und Einnahmen herzustellen und 
überdies den Etat der Allgemeinen Reserve mit 455 891 M auszustatten. 
30. September. (Warnemünde.) Eine Dampffährenver- 
bindung zwischen Warnemünde und Gjedser wird in Gegenwart 
des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin und des preußischen 
Ministers der öffentlichen Arbeiten Budde eröffnet. 
Ende September. Anfang Oktober. Konservative Opposition 
gegen Bülow. 
Blätter der Linken, u. a. „National-Zeitung“, behaupten, daß kon- 
servative Kreise darauf ausgingen, den Grafen Bülow zu stürzen. Die 
„Kreuz-Zeitung“ gibt zu, daß „allerdings agrarische Kreise und leider auch 
vereinzelte Konservative“ solche tadelnswerte Bestrebungen hätten, leugnet 
aber, daß sie der konservativen Partei in der Gesamtheit zur Last zu legen 
seien. Die konservative Opposition, zu der auch Freikonservative gehören, 
verlangt nach der „National-Zeitung“ vor allem Maßregeln gegen die 
Sozialdemokratie. 
1. Oktober. (Berlin.) Die „Zeit“, nationalsoziale Wochen- 
schrift, geht ein infolge der Auflösung des nationalsozialen Ver- 
eins. (Vgl. 1901.) 
Anfang Oktober. (Schlesien.) Die Polen in Oberschlesien 
gehen bei den Landtagswahlen ohne Rücksicht auf das Zentrum 
vor. „Germania“ und „Kölnische Volkszeitung“ tadeln scharf diese 
Kriegserklärung gegen das Zentrum, lehnen aber die Anderung 
ihrer bisherigen Polenpolitik ab. 
September. Oktober. Die Presse über den sozialdemokratischen 
Parteitag. 
Der Streit zwischen den beiden Richtungen wird in der Presse und 
in Versammlungen noch wochenlang unter den schärfsten gegenseitigen Be- 
schuldigungen fortgesetzt. — Mehring verteidigt sich in einer Broschüre, 
Maximilian Harden in der „Zukunft“ gegen die Angriffe; er wirft nament- 
lich den Revisionisten vor, ihn gegen die Anschuldigungen, deren Grund- 
losigkeit ihnen bekannt gewesen sei, nicht in Schutz genommen zu haben. 
Abg. Göhre legt sein Reichstagsmandat nieder. 
Die sozialdemokratische Presse beklagt im allgemeinen, daß der 
Parteitag wegen persönlichen Gezänks unfruchtbar verlaufen sei, und daß 
eine Freude über den letzten Wahlsieg nicht aufgekommen sei. 
Die bürgerliche Presse sieht im allgemeinen Bebel als den Sieger 
und die Revisionisten als die Besiegten an; die Blätter, die ein gesetz- 
geberisches Vorgehen gegen die Sozialdemokraten empfehlen, behaupten, 
die Mauserungstheorie habe Fiasko gemacht und der revolutionäre Cha- 
rakter des Klassenkampfes sei bestätigt. Manche Blätter wie „Kölnische 
Volkszeitung“ erwarten, daß die Debatten in der Sozialdemokratie künftig 
noch schärfer sein würden, denn es sei unmöglich, daß die beschimpften 
Revisionisten Bebel die Beleidigungen vergessen könnten. Die „Tägliche 
Rundschau“ hofft, daß die Verhöhnung der Akademiker unzufriedenen Ele- 
menten in studentischen Kreisen eine Warnung sein werde, sich der Sozial- 
 
	        
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