92 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder (Mai 14.)
hat es Mich mit tiefer Freude erfüllt, daß neben der in dichten Scharen
edrängten Bürgerschaft auch so viele Tausende Bergleute hereingekommen
sind um ihren obersten Bergherrn zu begrüßen, und neben ihnen, wohl
eine kriegsstarke Division, die alten Krieger, Mann an Mann gereiht, die
zum Teil wohl einstmals in schwerer Zeit vor diesen Mauern gestanden
haben. Ihre kernigen Gesichter und die Orden auf ihrer Brust zeugen
von Tagen, wo schwere Schläge fielen, und wo germanische Schmiede die
Reifen zur Krone zusammenfügten, die einst das Haupt Kaiser Wilhelms
des Großen zieren sollte. So trinke Ich auf das Wohl der Stadt
St. Johann, in der Hoffnung, daß dieselbe sich auch ferner gut entwickeln
möge in Handel und Gewerbe, und daß ihre Bürgerschaft immer in
heißem Patriotismus sich zusammenfinde für Reich, Kaiser und Vaterland.
Dem Bürgermeister von Saarbrücken antwortet der Kaiser:
Empfangen Sie den Dank der Kaiserin und Meinen für die freund-
lichen Worte, die Sie soeben gesprochen haben, und für den Empfang, den
Uns die Bürgerschaft dieser Stadt bereitet hat. Der Jubel, der von
Herzen kam, ist zu Unseren Herzen gedrungen, und Wir wissen wohl den
Grund desselben zu schätzen und zu verstehen, denn dieses Vermächtnis
hier des hochseligen Kaisers schreibt in kurzen Zügen die Geschichte der
großen Ereignisse, die die Stadt durchgemacht hat, dauernd festgelegt für
die kommenden Geschlechter. In schwerer Zeit, wo des großen Kaisers
Majestät auszog, um das deutsche Volk zu einen, wo noch ungewiß die
Zukunft vor ihm lag, und in mächtigem Ringen das deutsche Volk seine
Einigkeit wiederfand, da war es dieser Stadt vergönnt, den Heldengreis
zu begrüßen auf seiner Fahrt ins Schlachtfeld. Seinem Wirken und der
Gnade Gottes, die ihn berief und unterstützte, ist es zu danken, daß nun-
mehr diese Stadt nicht mehr eine Grenzstadt ist, und daß dies Land nicht
mehr verwüstenden Einfällen der Feinde preisgegeben ist. Denn nunmehr
komme Ich, sein Nachfolger, als Deutscher Kaiser aus der deutschen Grenz-
feste Metz, deren Bollwerk fest vorgelagert ist vor diesen Landen, die, so
Gott will, niemals wieder ein Krieg verwüsten wird. Denn so jeder
Deutsche seine Pflicht tut an seinem Vaterlande, das heißt sein Heim be-
gründet und seine Kräfte dem Vaterlande widmet in jedem Stand und
auf jedem Gebiete, so wird es uns auch vergönnt sein, daß unsere Einig-
keit sich der Welt nach außen so darstellt, wie es notwendig ist, damit wir
in Frieden leben, und Ich bitte Gott, daß er Mich unterstützen möge in
dem Werke, Meinem Lande den Frieden zu erhalten, damit auch diese
fleißigen Städte sich unter dem Schutze des Friedens und des kaiserlichen
Schildes ausbreiten und entwickeln mögen; denn die felsenfeste Ueberzeugung
und das felsenfeste Vertrauen habe Ich, daß, da Gott weiß, daß wir ein
gutes Gewissen haben und nirgendwo Händel suchen, er uns auch beistehen
wird, sollte jemals mit feindlicher Gewalt in unsere Friedfertigkeit ein-
gegriffen werden. Zu Ihnen aber, verehrter Herr Bürgermeister, will Ich
Meinem herzlichen Dank und Meiner Freude Ausdruck geben, daß es Uns
vergönnt war diesen Festsaal zu sehen. Ich bin fest überzeugt, daß die
Bürgerschaft, die durch diesen Saal schreitet, von den erinnerungsschweren
Bildern ergriffen, niemals vom rechten Wege wanken wird, und daß ihre
Liebe für Thron und Altar, Vaterland und Kaiser immer gleich warm-
herzig schlagen wird.
14. Mai. (Bayern.) Die Regierung legt eine Forderung
von 3700000 Mark zur Aufbesserung der Besoldung der Staats-
beamten vor.