Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwanzigster Jahrgang. 1904. (45)

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niemand finden, der es mit diesem Staate ehrlich meint und zugleich die 
früheren Verhältnisse wieder haben will. Jeder, der es mit dem Staate 
ehrlich meint, muß aufrichtig wünschen, daß die österreichisch-russische 
Entente ihre Feuerprobe bei den Wirren auf dem Balkan überdauert. 
Jeder, der es mit dem Staate ehrlich meint, müsse ferner wünschen, daß 
die Entente positive Erfolge für die Erhaltung des Friedens habe und in 
der Erfüllung der Pflichten der Humanität gegenüber den christlichen Völ- 
kern in der Türkei zum unverrückbaren Fundament der Orientpolitik der 
beiden Staaten werde. — Minister des Auswärtigen Graf Goluchowski: 
Das Lob, das dem Dreibund gespendet worden sei, erscheine vollberechtigt. 
Derselbe bilde jetzt und künftig die Grundlage der Politik Oesterreich- 
Ungarns. Eine so herrlich bewährte Konstellation gebe man nicht gerne 
auf. Kramarschs Interpretation jener Preßäußerung, welche die Heran- 
ziehung deutscher Offiziere zu den galizischen Manövern empfahl, sei durch- 
aus unbegründet. Von irgendwelchen Bevormundungsabsichten sei auf 
seiten Deutschlands nicht die Rede. 
12./13. Januar. (Wien.) Österreichische Delegation. Pit- 
reich über die Sprachenfrage im Heere. Resolution über die Rechte 
des Monarchen. 
Reichskriegsminister v. Pitreich legt das Ordinarium des Heeres- 
budgets dar und bezeichnet die einheitliche Kommando= und Dienstsprache 
als absolut notwendig. Eine Verschiedenheit in der Kommando= und Dienst- 
sprache würde die Befehlserteilung, die Führung und die Einheitlichkeit 
und Einfachheit der Kriegshandlungen empfindlich beeinträchtigen, und die 
Kraft des Zusammenwirkens und die traditionelle Struktur der Armee 
würden dadurch erschüttert werden. Jeder Offizier, der in der gemein- 
samen Armee dienen wolle, müsse sich deshalb dazu bequemen, sich deren 
Dienstsprache anzueignen. Der Regimentssprache sei von jeher große Auf- 
merksamkeit zugewendet worden, und nach den bestehenden Vorschriften 
sei bei der Einteilung der Offiziere auf die Kenntnis der Regiementssprache 
Rücksicht zu nehmen, und Kadetten und Offiziere, welche sich die Kenntnis 
einer nichtdeutschen Sprache ihres Regiments nicht binnen drei Jahren 
in genügender Weise aneignen, seien bei der Beförderung zu übergehen. 
Außerdem werde in jeder Erziehungs= und Bildungsanstalt jeder Zögling 
in einer nichtdeutschen Sprache unterrichtet. Da nach den Aussagen der 
militärischen Fachleute bei den großen Sprachenverschiedenheiten in der 
Ausbildung der Soldaten so anerkennenswert günstige Ergebnisse erzielt 
werden könnten, könne es in dieser Beziehung nicht so schlecht stehen, wie 
von vielen Seiten behauptet werde. Anderseits müsse namentlich wegen 
der Verkürzung der Präsenzdienstzeit diese Frage auch künftig eifrig ver- 
folgt werden. Der Minister erörtert dann die aus dem Jahre 1868 stam- 
mende Bestimmung über tunlichste Versetzung ungarischer Offiziere zu den 
ungarischen Regimentern und betonte hierbei, daß die Grenze für diese 
Möglichkeit dort liege, wo das Gefüge der gemeinsamen Armee oder die 
Erreichung ihrer vollen Kriegstüchtigkeit fraglich würde. Für die Beurtei- 
lung der Kenntnis der Regimentssprache müsse künftig ein bedeutend 
schärferer Maßstab angelegt werden. 
13. Januar. Die Delegierten stimmen ihm zu und genehmigen 
eine Resolution Derschatta (d. Vp.), es solle in den Ausschußbericht über 
das Budget ein Antrag ausgenommen werden, der besage, die Delegation 
spreche die Ueberzeugung aus, daß nach den Bestimmungen des öster- 
reichischen Staatsgrundgesetzes von 1867 außer allem Zweifel stehe, daß 
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